EU setzt auf mehr Grenzschutz

Die EU-Kommission will Frontex ausbauen und mit mehr Befugnissen ausstatten. Ihre Pläne stellte sie am Dienstag in Straßburg vor. Künftig soll es Grenzschutz-Einsätze auch gegen den Willen einzelner Mitgliedstaaten geben. Einige Kommentatoren halten die Stärkung der Behörde für überfällig. Für andere ist das Ziel der Abschottung eine Illusion.

Alle Zitate öffnen/schließen
L'Echo (BE) /

Kein Erfolg ohne gemeinsame Zuwanderungspolitik

Eine Stärkung des EU-Grenzschutzes war überfällig, genügt aber nicht, um die EU zu retten, mahnt die liberale Wirtschaftszeitung L'Echo: "Bei der Gründung von Frontex hatten die Staaten keine großen Ambitionen … Frontex ist eine Proforma-Einrichtung, die mehr schlecht als recht dazu gedient hat, ein paar Löcher abzudichten. Nun, unter Druck gesetzt durch die steigende Zuwanderung, den Terrorismus und den Erfolg der extremen Rechten, bewegt sich Europa endlich. Es steht mit dem Rücken zur Wand und hat keine Wahl mehr. Entweder es gibt mehr gemeinsame Politik, oder die Europäische Union ist am Ende. Die Kommission hat gestern vorgeschlagen, Frontex durch eine Agentur mit richtigen Kompetenzen zu ersetzen. Sie wird mit einer schnellen Eingreiftruppe von 1.500 Mann ausgestattet, die je nach Bedarf von den Mitgliedsstaaten bereit gestellt werden. Das ist noch keine 100-prozentig europäische Wache, aber immerhin ein Schritt nach vorne. Er macht jedoch nur Sinn, wenn er von einer echten gemeinsamen Zuwanderungspolitik begleitet wird."

Lidové noviny (CZ) /

Endlich hört man auf Osteuropa

Nun hat auch die EU-Kommission eingesehen, dass die Außengrenze Europas vernünftig geschützt werden muss, atmet die konservative Lidové noviny auf: "Wie immer steckt der Teufel im Detail. Kommt es auch gegen den Widerstand europäischer Staaten zum Einsatz der Grenzer? Das etwa fürchtet Polen. Aber womöglich wird die Latte so hoch gehängt, damit man sie auch wieder etwas senken kann. Vor allem aber gilt: Schengen tritt man freiwillig bei, wohlwissend, dass man damit einen Teil seiner Souveränität aufgibt. ... Lange hörten wir, dass Schengen wegen unseres Widerstands gegen die Flüchtlingsquote gefährdet sei und nicht wegen des vernachlässigten Schutzes der EU-Außengrenze, wie das in erster Linie die Visegrád-Staaten betont haben. ... Man sagte uns, wenn wir weiter zum Westen gehören wollten, müssten wir uns zur deutschen 'Willkommenskultur' bekennen und uns von Ungarn distanzieren, dass mit Nachdruck auf der Grenzsicherung beharrte. Und siehe da, jetzt bekennt sich plötzlich auch die EU-Kommission zum 'nichtwestlichen' Standpunkt."

tagesschau.de (DE) /

Neue Frontex bleibt eine Fata Morgana

Die Hoffnungen, dass die Flüchtlingszahlen durch eine neue Eingreiftruppe an den EU-Außengrenzen geringer werden, werden sich nicht erfüllen, glaubt das öffentlich-rechtliche Nachrichtenportal tagesschau.de: "Frontex steht für die unausgesprochene 'Schotten-Dicht-Hoffnung' der überforderten Flüchtlings-Hotspots Deutschland, Schweden, Österreich und Niederlande. Die runderneuerte Grenzschutztruppe Frontex soll wie eine magische Zaubertruppe jederzeit abrufbar und überall an den EU-Außengrenzen einsetzbar sein. ... Doch diese Special Forces wird es dank des geballten griechischen und osteuropäischen Widerstands niemals geben. ... Die Super-Eingreiftruppe Frontex bleibt eine Wunschvorstellung, eine Fata Morgana. Europas Außengrenzen bleiben durchlässig. Und deshalb drohen uns allen Grenzkontrollen im Innern der EU."