EU-Visafreiheit für die Ukraine

Seit Sonntag benötigen Ukrainer nur noch einen Reisepass, um in die EU einzureisen. Im benachbarten Polen wie auch in Tschechien freuen sich Kommentatoren darüber. Gleichzeitig machen sie sich Gedanken über die Auswirkungen der neuen Visafreiheit für den eigenen Arbeitsmarkt.

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Lidové noviny (CZ) /

Positive Nachricht für die Wirtschaft

Die Ukraine rückt mit der Visafreiheit näher an den alten Kontinent heran, freut sich Lidové noviny auch mit Blick auf den tschechischen Arbeitsmarkt:

„Wenn wir wollen, dass die Ukraine mehr europäisch als russisch wird, sind solche Schritte nur hilfreich. Es gibt bei uns jedoch auch warnende Stimmen, die Ukrainer könnten ihren Touristenaufenthalt zur illegalen Arbeit nutzen. Das ist gut möglich. Andererseits würde sich auf tschechischen Baustellen ohne Ukrainer kein Kran mehr drehen und auch einige Krankenhäuser in Tschechien würden ohne sie zusammenbrechen. ... Man sollte eigentlich keine Gesetzesverletzung unterstützen - aber wenn die Ukrainer das undurchsichtige und korrupte System zur Erlangung von Arbeitsvisa mit der neuen Regelung umgehen könnten, wäre das die zweite positive Nachricht - diesmal für unsere Wirtschaft.“

Rzeczpospolita (PL) /

Konkurrenz um ukrainische Arbeiter

Für Polen konnten Ukrainer auch bisher ein Arbeitsvisum erhalten. Doch jetzt werden die einigen hunderttausenden ukrainischen Arbeitskräfte bald in andere Länder abwandern, fürchtet Rzeczpospolita:

„Unsere Freude darüber, dass die Ukrainer unseren Arbeitsmarkt retten, wird von kurzer Dauer sein, wenn wir nicht eine Politik ausarbeiten, die sie zum Bleiben ermutigt. ... Die Einwanderer aus dem Osten arbeiten überall: in Wäschereien, IT-Firmen und Bars. ... Aber leider versiegt diese Quelle der Arbeitskraft. ... Denn erstens werden die Vorschriften über die Arbeit von Ausländern verschärft. Und zweitens wurde am Sonntag den 11. Juni die Schengen-Visa-Pflicht für Ukrainer aufgehoben. Sie können nun ohne Hindernisse nach Westen reisen. Polen ist dann für sie kein Paradies mehr. Sie werden schnell feststellen, dass sie zum Beispiel in Deutschland viermal so viel verdienen können.“