Schärfere Steuerregeln für Tech-Konzerne

Die EU-Finanzminister haben am Wochenende an ihren Plänen für verschärfte Steuerregeln für Tech-Konzerne gefeilt. Künftig soll für den Steuersatz von Unternehmen wie Google, Apple, Facebook und Amazon nicht mehr ihr Gewinn entscheidend sein, sondern ihr Umsatz. Auf diese Weise will man verhindern, dass die Internetgiganten nur dort Steuern zahlen, wo die Steuersätze besonders niedrig sind. Europas Presse ist von der Idee angetan.

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Le Soir (BE) /

Eine Herausforderung für die EU

Es ist Zeit für eine europäische Reform des Steuersystems, drängt Le Soir:

„Europa ist verpflichtet, zwischen den auf seinem Territorium tätigen Firmen eine grundsätzliche Gleichheit wiederherzustellen. Die Tatsache, dass Google, Apple, Facebook, Amazon und Konsorten vielen von uns das Leben vereinfachen - und dafür oft nur minimale Preise verlangen - rechtfertigt nicht, dass sie keine Steuern zahlen. ... Um Gleichheit herzustellen, müssten wir unsere Steuersysteme erneuern, die auf diese 'virtuellen' Firmen nicht ausgelegt sind. ... Die Aufgabe, vor der die europäischen Finanzminister stehen, ist also gewaltig. ... Die Giganten des Netzes zu besteuern ist schon eine Herausforderung an sich - erst recht aber, weil es dabei auch um Europas Glaubwürdigkeit geht.“

Eesti Päevaleht (EE) /

Dort zahlen, wo man Gewinne einfährt

Auch Eesti Päevaleht hofft, dass die Gespräche der EU-Finanzminister bald zu einer veränderten Steuerregelung führen werden:

„Es wäre gut für Estland, wenn sich daraus eine Lösung ergibt, die in den nächsten Jahren auch wirklich in Kraft tritt. Denn die Internet-Giganten Facebook, Google, Amazon, Apple und andere bezahlen bisher keinen gerechten Steueranteil in den Ländern, in denen sie ihre Gewinne erwirtschaften. Die internationalen Besteuerungsregeln gehen immer noch davon aus, dass Gewinne nur bei physischer Präsenz besteuert werden können. ... Nach dem Vorschlag der estnischen Ratspräsidentschaft müsste der Gewinn der digital präsenten Unternehmen unabhängig von ihrer physischen Präsenz in den Ländern besteuert werden, in denen sie ständig virtuell aktiv sind. Der Vorschlag könnte allerdings von den Ländern blockiert werden, die von diesem Zustand profitieren.“

The Irish Times (IE) /

Irland darf keine Steueroase bleiben

Dass EU-Kommissionspräsident Juncker in seiner Rede zur Lage der EU Niedrigsteuerländer wie Irland unter Druck gesetzt hat, findet The Irish Times richtig:

„Der Ärger darüber, dass global agierende Unternehmen so wenig Steuern zahlen, bestärkt die derzeitigen Forderungen nach einer stärkeren Regulierung und Besteuerung dieser Unternehmen. ... Die Angst der irischen Regierung vor den Reformvorschlägen [Junckers] ist kurzsichtig. Die Steuerquote in diesem Land ist generell relativ niedrig und die Steuerbemessungsgrundlage klein. Unser Wirtschaftsmodell muss weiterentwickelt werden, um den Bedürfnissen einer modernen und wohlhabenden Gesellschaft gerecht zu werden.“

Der Standard (AT) /

Finanzminister müssen mit Gegenwehr rechnen

Die Pläne mehrerer EU-Finanzminister, IT-Firmen künftig auch in Ländern zu besteuern, in denen sie nur virtuell präsent sind, hält Der Standard für schwer umsetzbar:

„Die Gefahr ist groß, dass sich die Finanzminister ein wichtiges Thema aus PR-Gründen auf die Fahnen heften, am Ende aber nichts herausschaut. So lief es bei der Finanztransaktionssteuer ab, deren Einführung fix beschlossen war, was aber nicht verhinderte, dass das Projekt versandet ist. ... Hinzu kommt, dass im internationalen Steuerrecht ohne Konsens nichts geht und Länder wie Irland keinen Grund haben, sich zu bewegen und anderen Staaten etwas von ihrem Steuerkuchen abzugeben. Zur größten Hürde könnten die USA werden. Europa schielt auf die Einnahmen von US-Firmen. Wenn Washington seine schützende Hand ausstreckt, wird sich erst zeigen, wie ernst es Berlin, Paris, Rom und Madrid meinen.“

De Volkskrant (NL) /

EU könnte sich bei Bürgern beliebt machen

Diese neue Schlacht im Steuerkrieg der EU gegen Apple, Google & Co ist beliebt bei den Bürgern, wird aber kaum erfolgreich sein, prophezeit auch Kolumnistin Sheila Sitalsing in De Volkskrant:

„Weil ein Land wie Irland zum Beispiel wenig Interesse hat, sein eigenes Verdienstmodell zu torpedieren. ... Oder weil in den Niederlanden bei jedem Versuch, multinationale Konzerne ernsthaft zu besteuern, jemand im Finanzministerium bleich wird und stammelt 'Das wäre katastrophal für unsere Attraktivität als Firmenstandort' - woraufhin man nie wieder etwas von dem Plan hört. ... Solche Anstrengungen erfreuen sich allerdings großer Zustimmung bei den EU-Bürgern, die sowieso der Ansicht sind, dass der normale Bürger viel zu stark geschröpft wird. Packt Euch das steuervermeidende Großkapital! Das könnte ein Projekt sein, mit dem sich die EU maßlos populär machen könnte.“