US-Botschaft in Jerusalem: Wie muss EU reagieren?

Die USA eröffnen am heutigen Montag ihre Botschaft in Jerusalem. Eine gemeinsame kritische Erklärung der EU zu dieser Entscheidung wurde von Tschechien, Rumänien und Ungarn verhindert. Zu Recht, finden einige Kommentatoren. Andere glauben hingegen, dass die EU nun einen Schritt auf die Palästinenser zugehen müsste.

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Lidové noviny (CZ) /

Kritik an Botschaftsverlegung ist fadenscheinig

Tschechien gehört zu den Ländern, die eine gemeinsame Erklärung der EU gegen den Umzug der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem blockieren. Lidové noviny kann dies nachvollziehen:

„Die EU besteht auf der Zweistaatenlösung. Die wird durch Botschaftsumzüge nach West-Jerusalem aber nicht verhindert. Es gibt zudem bereits Konsulate in Ost- und West-Jerusalem. Weshalb stört sich daran niemand? ... In Prag ist seit 30 Jahren eine palästinensische Botschaft ansässig. Würde Tschechien seine Botschaft in Israel nach West-Jerusalem verlegen, ginge das Land somit nicht unausgewogen vor. Wollte die EU wirklich beide Seiten gleich behandeln, müssten zwei Punkte gelten: Vor einem Friedensvertrag dürfte es keine Botschaften in Jerusalem geben. Dann aber dürfte so lange auch der Staat Palästina nicht anerkannt werden.“

Adevărul (RO) /

Visegrád-Staaten suchen neue Partner

Dass Ungarn, Tschechien und Rumänien die EU-Erklärung blockieren, passt in die derzeitige Politik der Visegrád-Staaten, meint Journalist Cristian Unteanu in seinem Blog bei Adevărul:

„Rumäniens Senatspräsident Tăriceanu hat in diesem hochexplosiven Kontext eine sehr suggestive Erklärung abgegeben. Er sagte: 'Wir können in einer Union, in der man immer intensiver über ein Europa mehrerer Geschwindigkeiten diskutiert, nicht ausschließen, dass es nicht auch eine unterschiedliche Geschwindigkeit in der Außenpolitik gibt.' Tăriceanus interessante Äußerung passt voll und ganz zur traditionellen Ideologie der Visegrád-Gruppe, die immer mehr Partner sucht, um ein realer Machtpol zu werden, der sowohl im Inneren der EU als auch in der Außenpolitik eine Rolle spielen kann. Vor allem gemeinsam mit den USA und direkt unter dem Schirm Großbritanniens nach dem Brexit.“

The Guardian (GB) /

Palästina jetzt anerkennen

Großbritannien und andere EU-Staaten sollten als Reaktion auf die Botschaftsverlegung ein starkes politisches Signal an die Palästinenser senden, fordert der Aktivist der israelischen Friedensbewegung Alon Liel in The Guardian:

„Der Schritt [der Anerkennung eines Palästinenserstaats] könnte ein politisches Gegengewicht zu Donald Trumps einseitiger und gefährlicher Verlegung der US-Botschaft darstellen. Die Anerkennung durch Großbritannien würde die Grundrechte der Palästinenser stärken, Hoffnung wiederherstellen und dazu beitragen, Respekt auf gleicher Ebene zu schaffen - ohne diesen ist kein Friedensabkommen gerecht oder tragfähig. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass wenn Großbritannien - im Idealfall gemeinsam mit Frankreich - Palästina anerkennen würde, könnte das die faire Zweistaatenlösung und die Chance auf ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern retten.“

Dagens Nyheter (SE) /

Trump zündelt in Nahost

Trump hat nach Ansicht von Dagens Nyheter den schlechtesten Zeitpunkt gewählt, um die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen:

„Er ist gerade aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen. Die Spannung in der Region steigt. Der Iran hat vergangene Woche Raketen gegen israelische Stützpunkte auf den Golanhöhen abgefeuert. Israel reagierte mit Raketenangriffen auf iranische Ziele in Syrien. Und wenn Israel seinen 70. Geburtstag feiert, erinnern sich die Palästinenser an die Nakba vor 70 Jahren [im arabischen Sprachgebrauch die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinensern aus dem früheren britischen Mandatsgebiet]. Dieser Tag der Erinnerung fällt auf diesen Dienstag. Am nächsten Tag beginnt der Ramadan. Das Sprengstoff-Fass ist voll. Und Donald Trump steht mit der Streichholzschachtel bereit.“