Ist Europas Justiz zu lasch zu Vergewaltigern?

Immer wieder urteilen Europas Gerichte in den Augen der Öffentlichkeit zu milde über Sexualstraftäter. Aktuell stehen Fälle aus Spanien und der Türkei im Fokus der Kommentatoren. Sie fordern, dass Täter endlich ihre gerechte Strafe bekommen, anstatt dass Gerichte immer wieder mildernde Umstände walten lassen.

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Hürriyet Daily News (TR) /

Strafminderung ist alltäglich

In der Türkei ist in der vergangenen Woche ein Mann verurteilt worden, weil er seine beiden minderjährigen Töchter jahrelang vergewaltigt hat. Der Richter gewährte ihm Strafminderung wegen guten Benehmens vor Gericht. Solche Urteile sind leider in der Türkei gang und gäbe, klagt die Hürriyet Daily News:

„Die ehemalige Familien- und Sozialministerin Fatma Betül Sayan Kaya hat ihre Amtszeit damit zugebracht zu wiederholen, dass 'Strafminderung' wegen sogenannten 'guten Benehmens' abgeschafft würde. Doch kein einziger Schritt wurde in diese Richtung getan. Jedes Mal wieder wird ein Grummeln über eine solche Nachricht laut, und danach kümmert es niemanden mehr. Wir alle wissen nur zu gut, dass dieser unehrenhafte Mann nicht das einzige Beispiel im Land ist. ... Das System entlässt diese Vergewaltiger zurück in die Gesellschaft, indem es sagt 'er meinte es gut'.“

El País (ES) /

Strafgesetzbuch muss geändert werden

Erneut hat ein spanisches Gericht drei Männer wegen Missbrauchs und nicht wegen sexueller Gewalt verurteilt, obwohl in der Verhandlung deutlich wurde, dass die Täter die halb bewusstlose Frau abwechselnd vergewaltigten und sogar andere zum Mitmachen aufforderten. El País fordert eine Änderung des Strafgesetzbuchs:

„Wie im Fall von La Manada urteilte das Gericht, dass die Täter weder Gewalt noch Drohungen ausübten, so dass die Tat als Missbrauch und nicht als sexuelle Gewalt bewertet wurde. ... Man muss das Strafgesetzbuch ändern. Das entscheidende Kriterium zur Bewertung für einen sexuellen Übergriff darf nicht der Einsatz von Gewalt oder Drohungen sein, sondern das fehlende Einverständnis des Opfers. Es handelt sich ebenso offensichtlich um eine Vergewaltigung, wenn drei Männer in eine Frau eindringen, nachdem sie diese mit dem Messer bedrohten, als wenn die Frau unter Drogeneinfluss steht.“