Welche Folgen hat die Wahl in Bayern?

Bei der Landtagswahl in Bayern am Sonntag wird die CSU sehr wahrscheinlich ihre absolute Mehrheit verlieren. Umfragen sehen sie nur noch bei 34 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 19 Prozent. Mit flüchtlingskritischen Tönen im Wahlkampf versuchte die CSU, Stimmen von der national-konservativen AfD zurückzugewinnen. Kommentatoren glauben, dass diese Strategie nicht aufgegangen ist.

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La Croix (FR) /

Christsoziale haben sich verrechnet

Die CSU begeht die gleichen Fehler wie andere Regierungsparteien in Europa, beobachtet La Croix:

„Die CSU übt vermehrt Kritik an der Kanzlerin, um sich von ihr abzusetzen. Die bayerische Partei pfeift auf die so fundamentale Regierungssolidarität. Dadurch untergräbt sie die Autorität von Angela Merkels Koalition, der sie selbst angehört, und vermittelt den Eindruck, extremistische Thesen gutzuheißen. Doch die CSU verrechnet sich: Sie treibt damit einen Teil ihrer gemäßigten Wählerschaft in die Hände der Grünen. ... Durch ihr Nachgeben gegenüber dem Druck der Populisten riskieren die EU-Regierungen fast überall in Europa dasselbe wie die CSU: Sie bauen eine Falle, in der sie sich selbst verfangen könnten.“

Gazeta Wyborcza (PL) /

Städtische Wähler wandern zu den Grünen

Die Grünen können von der Schwäche der CSU optimal profitieren, erklärt Gazeta Wyborcza:

„Die Umfragen zeigen einen Zusammenhang: Wenn die CSU Stimmen verlor, waren es gerade die Grünen, die dazu gewannen. ... Die CSU-Politiker, die sich auf ihre Rivalen von der AfD konzentrierten, bemerkten nicht, dass sie einen großstädtischen Konkurrenten haben. ... Ein weiterer Vorteil der Grünen: Die Partei wird von der 33-jährigen (für die deutschen politischen Verhältnisse sehr jungen) Katharina Schulze geleitet, die im Gegensatz zu Ministerpräsident Söder bei Kundgebungen nicht zu aggressiven Tiraden ausholt, sondern versucht, zu versöhnen und die Emotionen zu beruhigen. Die Gasthäuser in den kleinen Städten, in denen sie (oft im Dirndl) auftritt, sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Das beweist, dass die Zeiten längst vorbei sind, in denen die Grünen als verrückte Ökos galten.“

Mladá fronta dnes (CZ) /

Konservative könnten sogar in der Opposition enden

Rein rechnerisch wäre es sogar möglich, dass die CSU ihre Regierungsbeteiligung verliert, notiert Mladá fronta dnes:

„Dieses Szenario ist nicht unbedingt wahrscheinlich, aber dennoch nicht auszuschließen: Die kleinen Parteien könnten sich zusammenfinden und eine eigene Koalition bilden - ohne die CSU. Und das ohne die AfD, mit der niemand koalieren will. Die CSU warnt vor solch einer Entwicklung. In Bayern würde mit einer solchen 'Regenbogenkoalition gegen die CSU' Chaos entstehen, orakelt Generalsekretär Markus Blume. Der bayerische Erfolgsweg wäre akut gefährdet. Fakt ist, 71 Prozent der Wähler wollen eine Koalition. Eine reine CSU-Regierung würden nur noch 23 Prozent gern sehen.“

Die Presse (AT) /

CSU-Watschn schlecht für Deutschland

Der Absturz der CSU kann im schlimmsten Fall ganz Deutschland ins Wanken bringen, fürchtet Die Presse:

„'Laptop und Lederhose': In dem Motto deutete sich einst der Spagat der CSU an. Er gelingt nicht mehr in der fragmentierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Die Fliehkräfte sind zu stark. Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber gab am Umfrageabsturz jüngst auch innerdeutschen Migranten die Schuld, die zwar in Bayern Wohlstand suchten, aber nicht zwingend die CSU mögen, die dieses alte Agrarland zum Hightechstandort mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit und Kriminalität formte. Wer sich diebisch über die drohende 'Watschn' für die CSU freut, der sollte auch diese Bilanz sehen - und was ein CSU-Debakel für Deutschland bedeuten könnte. Die ohnehin politisch instabil gewordene größte Volkswirtschaft Europas könnte noch heftiger ins Wanken geraten.“