Halbzeit für Trump: Was verändern die Midterms?

Zwei Jahre nach Trumps Wahlsieg stehen in den USA am heutigen Dienstag die Kongresswahlen an, die stets als Stimmungstest zur Halbzeit einer Präsidentschaft gelten. Kommentatoren fragen sich, wie Trump damit umgehen wird, sollte ein demokratisch dominiertes Repräsentantenhaus in Zukunft das Durchregieren erschweren.

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The Daily Telegraph (GB) /

Kein klarer Gewinner wäre das Beste

Geteilte Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress könnten genau die richtige Machtbalance zwischen Demokraten und Republikanern schaffen, glaubt The Daily Telegraph:

„Die Republikaner werden vermutlich den Senat halten können, während die Demokraten genug Bezirke erobern werden, um die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu gewinnen. Die Folge wäre, dass es keinen klaren Gewinner gäbe. Das könnte das beste aller möglichen Ergebnisse sein. Ein demokratisch dominiertes Repräsentantenhaus wird den Präsidenten zur Verantwortung ziehen. Doch ein republikanisch dominierter Senat wird das Repräsentantenhaus davon abhalten, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Denn Letzteres könnte das Land in eine Art Bürgerkrieg stürzen.“

Trud (BG) /

Für den Rest der Welt wird es ungemütlich

Dass Trump sich, innenpolitisch gebremst, außenpolitisch umso mehr austoben wird, befürchtet Trud:

„Wenn die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen, werden sie die Kontrolle über die Finanzen und einen Teil der Führungsposten in den Ausschüssen bekommen. Das dürfte Trumps innenpolitische Pläne ernsthaft gefährden - von den geplanten Gesetzesänderungen, über die Steuerreform bis hin zur Genehmigung der für den Bau der berüchtigten Mauer an der Grenze zu Mexiko benötigten Mittel aus dem Staatshaushalt. Wenn die Demokraten Trump also fortan zuhause Grenzen setzen, kann man davon ausgehen, dass er seine geballte Aufmerksamkeit dem Rest der Welt widmen wird, um in den kommenden zwei Jahren seine Anhänger bei Laune zu halten. Und wir Anderen müssen das dann ausbaden.“

Corriere della Sera (IT) /

Nach der Wahl geht der Wahlkampf erst los

Schon jetzt werden die Weichen für den Präsidentschaftswahlkampf 2020 gestellt, erklärt USA-Korrespondent Massimo Gaggi in Corriere della Sera:

„Das wahrscheinlichste Szenario, der Sieg der Demokraten im Repräsentantenhaus, würde Trump einige Probleme bereiten, da er nicht mehr über die parlamentarische Mehrheit verfügen würde. ... Zudem sähe er sich einer Reihe parlamentarischer Untersuchungen ausgesetzt, die ein gemeinsames Ziel haben: seine Amtsenthebung. Aber es würde ihm auch erlauben, die Kampagne 2020 in einen Grabenkrieg zu verwandeln und die Demokraten für das Ende des Wirtschaftsbooms verantwortlich zu machen. ... Im unwahrscheinlichen Fall eines demokratischen Sieges sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat würde die Sache für Trump noch komplizierter werden und der Druck in Richtung Amtsenthebung zunehmen. ... Der Versuch, den Präsidenten zu Fall zu bringen, würde zwangsläufig zum Herzstück des Wahlkampfes 2020 werden.“

Finanz und Wirtschaft (CH) /

Spaltung wird zur totalen Blockade

Unabhängig vom Ausgang der Wahlen werden die USA gespalten bleiben, warnt Finanz und Wirtschaft:

„Die Republikaner stehen für das weisse, rurale, wertkonservative Amerika, die Demokraten dagegen für das vielfältige, urbane, liberale. Diese Trennung ist zwar nicht neu, sie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten jedoch verschärft. Mitgeholfen hat dabei die Medienlandschaft, von Radio über Fernsehen und Internet bis zu den sozialen Medien. Sie erlauben es den beiden Gruppen, in Parallelwelten zu leben, mit eigenen Fakten und Wahrheiten. Der politische Gegner ist nicht nur die andere Partei, sondern der Feind, der die eigenen Werte und Überzeugungen zerstören will. Das ist tragisch, denn in Sachfragen wie dem Ausbau der Gesundheitsversorgung oder der Einschränkung des Waffenbesitzes gibt es in der Bevölkerung einen Konsens. Die derzeitige politische Situation verhindert jedoch ein Näherkommen.“

De Morgen (BE) /

Neue Energie für die Demokratie

Ob die Spaltung der USA vielleicht auch überwunden werden könnte, überlegt Amerika-Kenner Frans Verhagen in De Morgen:

„Das Beste, was man über diese Wahlen sagen kann, ist, dass sie eine große Menge an Energie freigesetzt haben. Die Wahlbeteiligung wird höher sein als 2010 und 2014, und darüber kann sich keiner beklagen. ... Ein Präsident und eine Partei, denen wir auf der Grundlage ihres Verhaltens und ihrer Aussagen die Demokratie nicht völlig anvertrauen können, haben immerhin Millionen Menschen in Bewegung gesetzt und ihnen demokratische Teilhabe verschafft. Das ist bereits ein Gewinn, auch wenn das Ergebnis zunächst nur die tiefen Gräben offenbart. Am Mittwoch beginnt dann der nächste Schritt, notwendig um destruktive Enttäuschung zu verhindern: Das Entwickeln einer seriösen Alternative, einer Alternative, die nicht spaltet, sondern verbindet.“

Český rozhlas (CZ) /

Trump kann gelassen bleiben

US-Präsident Trump dürfte vor den Zwischenwahlen ruhig schlafen, glaubt der öffentlich-rechtliche Hörfunksender Český rozhlas:

„Trump ist erfolgreich oder erweckt zumindest diesen Eindruck. Außerdem verzeihen ihm seine Anhänger alles. Seine Beliebtheit ist laut einer Gallup-Umfrage zuletzt um ein Viertel gestiegen und erreichte 44 Prozent. Das ist mehr, als zu ihren Zeiten Clinton oder Reagan hatten und fast so viel wie Obama. Alle drei erlebten eine zweite Amtszeit. Für Trump spricht, dass die Wirtschaft ungewöhnlich floriert. Sie wächst momentan um vier Prozent. Eine Zahl, von der man in Westeuropa nicht einmal zu träumen wagt. Auch deshalb ist die Arbeitslosigkeit auf ein 50-Jahres-Minimum gesunken. Trumps Anhänger behaupten, dies sei das Verdienst des Präsidenten, der die Steuern massiv gesenkt habe, den US-Markt schütze und die ausländischen Partner erfolgreich unter Druck setze.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Polarisierung nimmt zu

Helsingin Sanomat rechnet mit einer Zunahme politischer Konfrontationen, egal wie die Wahlen ausgehen:

„Falls die Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten, ist zu erwarten, dass Trump seine Linie noch verschärfen, die Grenzen seiner Macht im neuen, mehrheitlich konservativ besetzten Supreme Court testen und sich von den moderaten Stimmen in seiner Regierung trennen wird, etwa von Verteidigungsminister James Mattis. Falls die Demokraten wiederum die Mehrheit im Repräsentantenhaus bekommen, ist damit zu rechnen, dass die Partei Untersuchungen zu Trumps Vermögen und - falls die laufenden Russland-Ermittlungen dies erlauben - ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch gegen den Präsidenten anstrengen wird, auch wenn die Anschuldigungen letztlich im Senat scheitern würden.“

Večer (SI) /

Wahl zwischen zwei Übeln

Weder die Demokraten noch die Republikaner haben den US-Bürgern wirklich etwas zu bieten, meint Večer:

„Die Demokraten, die 2014 zuerst die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren und mit der Kandidatur Hillary Clintons vor zwei Jahren auch nicht gerade den Jackpot bei der US-Präsidentschaftslotterie gewonnen haben, wissen nicht genau, was sie mit sich selbst anstellen sollen. Die Amerikaner können sich bis Dienstag zwischen zwei Optionen entscheiden: dem patriotischen, doch ausgrenzenden Republikaner Trump und den der Welt freundlicher gesinnten Demokraten, die jedoch ohne wahre Vision und inhaltlich blass sind. Keine der Optionen ist gut, die Wähler werden zwischen dem Schlechten und dem noch Schlechteren entscheiden müssen.“