Muss Berlin Rezession in Eurozone verhindern?

Das Wachstum in der Eurozone hat sich in den vergangenen Monaten spürbar verlangsamt. Experten führen dies auf den Handelsstreit und den Brexit zurück. Eine mögliche Rezession zu verhindern, sehen Finanzjournalisten vor allem auch als Aufgabe Deutschlands.

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Il Sole 24 Ore (IT) /

Das Ruder rumreißen

Finanzexperte Alessandro Penati erklärt in Il Sole 24 Ore, warum nun viel Verantwortung auf Deutschland lastet:

„Die Haushaltspolitik sollte die Binnennachfrage unterstützen, mit Steuersenkungen und Investitionsprojekten. ... Aber Italien und Frankreich tun das Gegenteil: Sie erhöhen die laufenden Ausgaben, in der Illusion, sozialen Frieden und folglich Konsens zu erkaufen. Der eigentliche Wendepunkt für die Eurozone wäre der Verzicht Deutschlands auf den Haushaltsüberschuss, um die Binnennachfrage mit öffentlichen Investitionen und niedrigeren Steuern zu stützen. Das klingt verrückt. Aber die drohenden Wolken der Rezession sollten Deutschland und die gesamte Eurozone darauf aufmerksam machen, dass es an der Zeit ist, Modell und Management der Wirtschaftspolitik zu überdenken.“

Les Echos (FR) /

Egoistisches Deutschland tritt auf die Bremse

Die Wirtschaftszeitung Les Echos findet Deutschlands Politik egoistisch:

„Sein Haushaltsüberschuss erlaubt dem Land, die von Angela Merkel hinausgeschobenen Reformen in Ruhe anzugehen: umfassendere öffentliche Investitionen (in Verkehr und Digitalisierung), Integration von Zuwanderern und ausländischen Arbeitskräften, Steuersenkungen für Unternehmen. ... Seine europäischen Verpflichtungen hat Deutschland allerdings noch nicht erfüllt. Die gute Finanz- und Wirtschaftslage sollte es dazu veranlassen, die treibende Kraft bei der Konsolidierung der Eurozone zu werden, anstatt dabei weiter auf die Bremse zu treten. Berlin trägt auf Grund seiner Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen Washingtons die Verantwortung für das Scheitern der EU-Digitalsteuer auf US-Konzerne. Diese ängstliche und egoistische Haltung darf angesichts der angehäuften Haushalts- und Handelsüberschüsse nicht länger andauern.“