Mission Sophia: EU zieht Schiffe im Mittelmeer ab

Die EU setzt ihre Mittelmeer-Mission Sophia größtenteils aus - weil Rom gegen eine Verlängerung im bisherigen Umfang votierte und der Streit um die Flüchtlingsverteilung noch immer ungelöst ist. Die Schiffe werden abgezogen, stattdessen wird das Meer vor Libyen aus der Luft beobachtet. Ein Armutszeugnis für Europa?

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TVXS (GR) /

Eine zynische Entscheidung

Die EU-Führung bedient mit dieser Entscheidung die Agenda der Rechtsextremen, kritisiert das Webportal TVXS:

„Es scheint, dass die EU-Führung versucht, die schwierige Flüchtlingsfrage zu lösen, indem sie die Menschen im Mittelmeer praktisch ertrinken lässt! ... Diese zynische Haltung ist das Ergebnis der Gewohnheit, immer alles aufzuschieben, und der Unfähigkeit, in dringenden Angelegenheiten ernsthafte und durchdachte Entscheidungen zu treffen. ... Sowohl in der Flüchtlingsfrage als auch bei der Sicherstellung politischer und geografischer Gleichgewichte in der EU hat sich die europäische Führung für die Strategie entschieden, die extreme Rechte zu 'streicheln', um ihre eigene Macht zu festigen.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Es braucht eine Koalition der Willigen

Es ist eine Schande, schimpft Der Tagesspiegel:

„Man schämt sich, Europäer zu sein. Die Rede von Werten, die es in der EU angeblich zu verteidigen gelte, entpuppt sich als hohl und verlogen. Durchgesetzt haben sich die Rechtspopulisten in Italien, Ungarn und Polen. ... Warum tut sich keine 'Koalition der Willigen' zusammen? Das Mittelmeer gehört niemandem allein. Zumindest den Versuch könnte Deutschland unternehmen, zusammen mit Anrainern wie Frankreich, Spanien und Griechenland, skandinavischen Staaten und Benelux-Ländern eine seegestützte Art der schnellen Eingreiftruppe zu erstellen. Das Prinzip der Lastenteilung wäre dadurch zwar obsolet, aber das ist es in der Flüchtlingsfrage ohnehin. Sollen Menschen ertrinken, weil ihre Rettung an einer konsensfixierten, aber kompromissunfähigen EU scheitert?“

Wiener Zeitung (AT) /

Sophia war selbst Ausdruck des Scheiterns

Die EU streicht ein Rettungsprogramm, das bereits ein Ausdruck des Scheiterns ihrer Migrationspolitik war, glaubt die Wiener Zeitung:

„Die Überforderung ist umfassend - institutionell, konzeptionell und psychologisch. 'Sophia' war die improvisierte Antwort, mit welcher die EU ihre Mängel zu kaschieren versuchte. Dabei kann die Rettung von Migranten, die sich gegen viel Geld von Schleppern auf seeuntaugliche Boote zwingen oder verleiten lassen, nur eine Notmaßnahme sein. Vor der darin liegenden moralischen Ambivalenz verschlossen die meisten lieber die Augen. Denn tatsächlich verleitet die Aussicht auf Rettung durch die Einsatzkräfte zu einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, bei der am Ende immer mehr Menschen ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Und eine hocheffiziente Schleppermafia streicht den Gewinn ein. Das ist so unverantwortlich wie Menschen ertrinken zu lassen.“