Hat die EU gegenüber China noch was zu melden?

Themen voller Konfliktpotential, wie das der Neuen Seidenstraße, dominieren den EU-China-Gipfel am heutigen Dienstag. Brüssel will das Zugeständnis für einen fairen und freien Handel unter gleichen Rahmenbedingungen. Doch Kommentaren glauben, dass Europa gegenüber seinem zweitwichtigsten Handelspartner kaum noch Durchsetzungsfähigkeit besitzt.

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Ilta-Sanomat (FI) /

Keinerlei Druckmittel mehr

In Verhandlungen mit China bringen europäische Vertreter Menschenrechtsthemen nicht mehr zur Sprache, beobachtet Ilta-Sanomat:

„Je reicher China wurde, umso vorsichtiger wurde der Westen. Die Berichte über die Behandlung der Uiguren sind unfassbar. China baut ein System aus Überwachungskameras, das an einen Horrorfilm erinnert. Über die Alleinherrschaft der kommunistischen Partei im Land des wilden Kapitalismus wird erst recht nicht mehr diskutiert. Europas Möglichkeiten, wirtschaftlich Druck auf China auszuüben, sind wohl nicht mehr vorhanden. Vor 20, 30 Jahren hätte dies noch funktionieren können. Damals glaubte man, China würde immer eine Zuliefererwirtschaft sein. Diese Illusion ist verschwunden.“

NRC (NL) /

Regie über die eigene Zukunft nicht verlieren

Besorgt darüber, dass die EU China gegenüber ins Hintertreffen gerät, zeigt sich auch NRC Handelsblad:

„Neuer europäischer Aktivismus zeigte sich bereits bei den Vorbereitungen für den Gipfel. China wolle einen Feel-Good-Gipfel, sagte ein Beamter der EU-Kommission. ... Aber Europa will Ergebnisse: China muss, in europäischen Augen, nun endlich Absprachen in die Tat umsetzen, die die wirtschaftlichen Machtverhältnisse wieder ein wenig ins Gleichgewicht bringen. ... Europa darf selbstbewusst sein, es kann etwas fordern. Aber dafür muss es als Einheit auftreten. Vor allem Angela Merkel plädierte für ein neues europäisches Selbstbewusstsein. Die deutsche Bundeskanzlerin warnte davor, dass Europa sonst die Regie über die eigene Zukunft verliert.“

Financial Times (GB) /

China hält Europa den Spiegel vor

Die EU sollte sich von der Konkurrenz aus China wachrütteln lassen, rät Financial Times:

„Anstatt auf strikter Reziprozität zu beharren, sollte die EU analysieren, warum europäische Unternehmen und Geldinstitute so viel weniger als chinesische in der Lage sind, Investitionen und technischen Fortschritt dort zu generieren, wo sie am meisten gebraucht werden. Denn dass das so ist, gilt auch dann noch, wenn man die staatlichen Unterstützungen Chinas einberechnet. ... Die EU betrachtet Chinas Engagement in den europäischen Volkswirtschaften zu Recht mit Skepsis. Doch sie sollte jene Elemente, die eine echte Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen könnten, von jenen trennen, die das Unvermögen der EU offenbaren, den Grundstein für eine moderne High-Tech-Wirtschaft zu legen.“