Macron will Elite-Uni Ena an den Kragen

Die Ecole Nationale d'Administration (Ena) ist die Hochschule, an der Frankreichs höchste Beamte ausgebildet werden. Präsident Macron will nun offenbar als Reaktion auf die Gelbwestenproteste die Ena abschaffen. So steht es in dem Text der Fernsehansprache, die Macron ursprünglich Montagabend halten wollte, die aber wegen des Notre-Dame-Feuers ausfiel. Kommentatoren verstehen die Welt nicht mehr.

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Le Figaro (FR) /

Vorsicht vor zu simplen Schlüssen!

Die Verwaltungshochschule abschaffen zu wollen, ist zu kurz gedacht, findet Le Figaro:

„Wie die meisten Elite-Hochschulen hat die Ena bei einer ihrer Hauptaufgaben versagt, nämlich der, Schüler aus allen sozialen Schichten auf Grundlage ihrer Leistung anzuwerben. Ist sie jedoch verantwortlich für das Scheitern des nationalen Bildungssystems oder gar dessen Opfer? Wie kann man ihr die Panne des 'sozialen Fahrstuhls' [Bildung] zuschreiben, der bereits ab den untersten Schulklassen feststeckt? Auch hier gilt: Wer Auswirkungen bekämpft, beseitigt noch nicht die Ursachen. Vorsicht vor zu simplen Schlüssen! Zu Recht kritisieren die Franzosen die Funktionsweise der Eliten sowie einen 'arroganten' Regierungsstil. Die Abschaffung der Ena wird nicht ausreichen, um die Bürger mit ihren Regierenden zu versöhnen.“

Libération (FR) /

Böser Staat, gute Privatwirtschaft

Über die Elitenkritik in Frankreich kann Laurent Joffrin, Chefredakteur von Libération, nur den Kopf schütteln:

„Ein Sündenbock musste her: Warum nicht die Ena? Welch seltsames Paradox à la française! Man greift zu einer symbolischen Sanktion gegen die hochrangigen Beamten, die allerdings in allen Punkten den Politikern untergeordnet sind, welche wiederum in der Regel dem Allgemeinwohl dienen und selten Milliardäre sind. Gleichzeitig wird das gute Volk dazu angehalten, sich an der Großzügigkeit der echten Milliardäre zu ergötzen, die ihr Portemonnaie öffnen, um den Wiederaufbau von Notre-Dame zu finanzieren, die aber offenbar mitverantwortlich sind für die Ungleichheiten, über die sich die Gelbwesten und ein Großteil der Franzosen beklagen. Wut gegen den Staat, es lebe die Privatwirtschaft! Eine seltsame Republik!“