Britisches Parlament überlistet Boris Johnson

Britische Abgeordnete haben Pläne des wahrscheinlichen neuen Premiers Großbritanniens, Boris Johnson, durchkreuzt, der mit einem vom Parlament ungewollten No-Deal-Brexit liebäugelt. Sie stimmten für einen Gesetzeszusatz, der eine mögliche Zwangspause des Parlaments rund um den geplanten Brexit am 31. Oktober erschwert. Ist das der richtige Schritt?

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The Daily Telegraph (GB) /

Abgeordnete schneiden sich ins eigene Fleisch

Das britische Parlament schadet dem Land, wenn es Johnson Steine in den Weg legt, moniert Daily Telegraph:

„Ihn in seinen Entscheidungsmöglichkeiten einzuschränken, ist ein monumentaler Akt der Selbstbeschädigung. Wenn Johnson nicht wirklich neu verhandeln kann, bleiben ihm nur zwei unliebsame Szenarien: Er könnte eine Verfassungskrise auslösen, indem er gegen den Willen des Parlaments und ohne Deal aus der EU austritt. Parlamentarier könnten ihn davon womöglich nicht abhalten. ... Alternativ dazu könnte Großbritannien Parlamentswahlen abhalten. Das würde entweder zu einer von Corbyn geführten sozialistischen Koalition führen, die ein absolutes Desaster wäre. Oder zu einer von Johnson geführten Koalition mit Nigel Farage, die einen Austritt ohne Abkommen nur noch wahrscheinlicher machen würde.“

Wiener Zeitung (AT) /

Nicht auf die Einsicht der Brexiteers hoffen

Die EU-Staaten müssen einig bleiben, betont die Wiener Zeitung:

„Die künftige EU-Kommission muss den Schaden im Fall eines No-Deal-Brexit möglichst begrenzen und die übrigen Mitgliedstaaten in den Verhandlungen mit den Briten zusammenhalten. Johnson hat schon angekündigt, neue, bilaterale Partnerschaften mit Frankreich und Deutschland knüpfen zu wollen. Die EU-Länder dürfen sich, allen nationalen Interessen zum Trotz, nicht auseinanderdividieren lassen. Als Premier könnte Johnson sein Land in die politische und wirtschaftliche Isolation führen. Johnson nutzt das Narrativ der übermächtigen Deutschen erfolgreich für seine antieuropäische Rhetorik. Dass die Brexiteers ihre Fehler am Ende einsehen werden, ist unwahrscheinlich. Man sollte ihnen nicht dabei helfen, die EU schon wieder für alles verantwortlich zu machen, was auf der Insel schiefläuft.“