EZB macht weiter mit lockerer Geldpolitik

Angesichts düsterer Wirtschaftsaussichten und schwacher Inflation hat die EZB entschieden, den Leitzins mindestens bis Mitte 2020 auf dem Rekordtief von null Prozent zu halten. Sollte sich der Inflationsausblick verschlechtern, könnten auch neue Anleihekäufe geprüft werden. Ist das die richtige Geldpolitik?

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Die Presse (AT) /

Geldschöpfung aus dem Nichts führt in Katastrophe

Dass die EZB in Zeiten der Hochkonjunktur nicht von ihrer Niedrigzinspolitik abrückt, wird sich in der nächsten Rezession rächen, fürchtet Die Presse:

„Die finanzielle Repression ist also gekommen, um zu bleiben. Sie wird sich eher verschärfen. Und die Risken nehmen mit jedem Jahr weiter zu. Kurzfristig kann man sie mit 'Gelddrucken' à la EZB durchaus zudecken. Aber die Geschichte hat gezeigt, dass forcierte Geldschöpfung aus dem Nichts allein noch nie zu Wohlstand, sondern mittelfristig immer in die Katastrophe geführt hat. Und darauf, dass die wirtschaftlichen Naturgesetze nicht mehr gelten, sollte man nicht vertrauen. Das ist schon öfter schiefgelaufen.“

Welt (DE) /

Verheerende Nebenwirkungen

Für Die Welt wäre die weitere Lockerung der Geldpolitik sogar gefährlich:

„Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise war die unkonventionelle Geldpolitik der EZB nötig, um Schlimmeres zu verhindern. Doch mittlerweile sind die Nebenwirkungen der Geldschwemme verheerend. In der Welt ohne Zinsen klettern die Preise für Immobilien und mithin auch für Mieten immer weiter in die Höhe, was enormen sozialen Sprengstoff birgt. In die Schieflage geraten aber auch Sparkassen und Lebensversicherer, deren Geschäftsmodell nun nicht mehr aufgeht. Künstlich am Leben gehalten werden dagegen Banken und Unternehmen, die in normalen Zeiten längst im Wettbewerb unterlegen wären. Vor allem aber hat die EZB-Politik bewirkt, dass die Schuldenländer in Südeuropa von der disziplinierenden Wirkung der Finanzmärkte verschont blieben.“

De Standaard (BE) /

Wirtschaft steht nicht auf eigenen Beinen

Gefahr kommt auch aus London, analysiert De Standaard:

„Die Wirtschaft ist trotz aller Hilfe der EZB noch immer nicht in der Lage, auf eigenen Beinen zu stehen. Das kann nie eine gute Nachricht sein. Wenn nun zu dem normalen Konjunktur-Tief auch noch ein wirtschaftlicher Schock kommt, wie ein No-Deal-Brexit, dann erleben wir erneut schwere Zeiten. Der neue britische Premier Boris Johnson ist auf einem rücksichtslosen Konfrontationskurs mit Europa. ... Da beruhigen die EZB-Nachrichten ein wenig. ... Es ist nicht unlogisch, wenn Ökonomen dafür plädieren, diese Periode zu nutzen für strukturelle Reformen und nicht allzu sehr auf den Haushalt zu schauen.“