Neue EU-Kommission: Die Qual der Kandidatenwahl

In dieser Woche läuft die erste Vorstellungsrunde möglicher neuer EU-Kommissare bei der designierten Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Diese besteht für die künftige europäische Führungsriege auf Geschlechterparität. Bis Ende August haben die Mitgliedstaaten noch Zeit für ihre Nominierungen - und dabei mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen.

Alle Zitate öffnen/schließen
Lidové noviny (CZ) /

Prags Frau für Brüssel hat sich schon bewährt

Tschechiens Premier Andrej Babiš hat Ursula von der Leyen die bisherige Prager Kommissarin Věra Jourová für eine weitere Amtszeit angeboten - was Lidové noviny gut findet:

„Der Vorschlag könnte von der Leyen gefallen, weil Jourová schon Erfahrung hat. ... Freilich möchte Babiš, dass Jourová, die bislang unter anderem für Verbraucherschutz zuständig war, ein stärkeres Ressort bekommt. Etwa für Digitalisierung, den Binnenmarkt oder den Handel. Er argumentiert dabei mit der Stärke der tschechischen Wirtschaft. … Zudem führte Jourová ihr Ressort so gut, dass sie vom Time-Magazine unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt gewählt wurde.“

Lietuvos rytas (LT) /

Litauen will keine Frauen aufbieten

Vilnius hat noch niemanden für einen EU-Kommissarposten vorgeschlagen. Der Chef der Regierungspartei Bund der Bauern und Grünen, Ramūnas Karbauskis, hat wissen lassen, dass die Kandidatur einer Frau gar nicht diskutiert wird. Lietuvos rytas findet dies erbärmlich:

„Die Regierungsmehrheit ist nicht imstande, eine Frau zu nominieren. Obwohl alle wissen, dass das Ziel der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Durchsetzung des Geschlechtergleichgewichts in der Kommission ist. Und dass sie darum bittet, aus jedem Land jeweils einen Mann und eine Frau vorzuschlagen. Aber nein, Karbauskis betont, dass wir nominieren werden, wen wir wollen, und dass uns da kein Europa was zu sagen hat. Und dass uns diese ganze Gleichberechtigung egal ist.“

Eesti Päevaleht (EE) /

Estlands Aspirantin wirkt unehrlich

Kadri Simson, Tallinns Kandidatin, ist wegen einer Reise-Affäre umstritten. Sie hat mit ihrem Partner mehrere Urlaube gemacht, die sich dieser als Geschäftsreise bezahlen ließ. Ihr Fehlen im Parlament während einer Reise in die Karibik begründete Simson mit einer Erkrankung. Eesti Päevaleht hält fest:

„Von den Mitgliedern der EU-Kommission wird erwartet, dass diese die 'höheren Normen des ethischen Verhaltens' befolgen. ... Zu Beginn des Skandals hätte Simson einfach sagen können, dass sie angesichts des guten Einkommens von [ihrem Lebensgefährten] Soorm nicht ahnte, dass ihre Reisen illegal bezahlt wurden. Doch das tat sie nicht. Stattdessen versuchte sie, einen ganz unbefleckten Eindruck zu erwecken. Damit hat sie sich nur noch mehr eingebrockt. Weil Simson zu der Affäre keine Stellung nimmt, kommen all ihre Auftritte unehrlich daher.“