Merkel und die Flüchtlinge: ZDF-Doku in der Kritik

Das ZDF-Dokudrama "Stunden der Entscheidung: Angela Merkel und die Flüchtlinge" hat vergangene Woche sowohl in Deutschland als auch in Ungarn gemischte Reaktionen ausgelöst. Der Film will zeigen, wie es dazu kam, dass Angela Merkel am 4. September 2015 entschied, die in Ungarn losgezogenen Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Falsches Format für heikles Thema

Die Süddeutsche Zeitung problematisiert, dass die Autoren das Format des Dokudramas gewählt haben:

„In so einer Konstruktion vermischen sich Fakten und authentische Bilder mit Interpretationen und künstlerischen Zuspitzungen. Das lässt sich bei Ereignissen, die lange vorbei sind, vielleicht machen. In diesem Fall hätte es das ZDF lassen sollen. In den fast 90 Minuten finden sich Szenen und Sätze, von denen nur die Beteiligten sagen können, ob sie wirklich so passiert sind. ... Die Folge: Der Zuschauer weiß nicht, ob die Autoren wichtigste Gespräche der Kanzlerin ... auch nur annähernd authentisch wiedergeben. In einer Komödie mag das egal sein. Bei einem so heiklen Thema hätte man sich auf derart spiegelglattes Terrain nicht einlassen dürfen.“

Magyar Hírlap (HU) /

Heute denken Berlin und Wien auch ganz anders

Die regierungsnahe Tageszeitung Magyar Hírlap kritisiert den Film und erklärt, was ihrer Meinung nach in jenem Herbst tatsächlich geschah:

„2015 hat Ungarn seine Pflichten gegenüber der EU erfüllt: Während die ungarische Regierung große Anstrengungen unternommen hat, um die illegale Migrationswelle einzudämmen, haben die deutsche und die österreichische Regierung Ungarn simultan angegriffen, weil man ihrer Meinung nach nicht nett genug mit den Migranten umgegangen ist. Inzwischen jedoch erwarten Berlin und Wien, dass Budapest die Migranten von Ungarn aus nicht weiterlässt.“

Népszava (HU) /

Unangenehme Fragen an Orbáns Regierung

Es kommt nicht von ungefähr, dass der ZDF-Film der ungarischen Regierung nicht gefällt, erklärt Népszava:

„Wie konnten Tausende Flüchtlinge unbehelligt von der Grenze zum Budapester Baross-Platz gelangen? ... Wer hat beschlossen - und warum -, diese Menschen mitten in der Hauptstadt unter unmenschlichen Umständen dahinvegetieren zu lassen, bis die westlichen Berichterstatter auf dem Platz auftauchten, um in der Welt die Nachricht zu verbreiten, dass in Budapest eine humanitäre Katastrophe entstanden ist? Wobei die humanitäre Katastrophe 'nur' die Flüchtlinge erlebt haben, denen wochenlang nur von NGOs geholfen wurde.“