Staatsdoping: Wada sperrt Russland für vier Jahre

Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hat Russland wegen der Manipulation von Labordaten für vier Jahre von sportlichen Großereignissen ausgeschlossen. Darunter fallen unter anderem Olympia in Tokio sowie Peking und die Fußball-WM in Katar. Russischen Sportlern bleibt aber das Schlupfloch, gegebenenfalls als neutrale Athleten zu starten. Was kann das Urteil bewirken?

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Wedomosti (RU) /

Die Quittung für sträfliche Überheblichkeit

Langfristig wird Russland für seine Ignoranz und sein Großmachtsgehabe zahlen müssen, glaubt Wedomosti:

„Auch beim Sport scheint in Russland diese Selbstsicherheit hinsichtlich der Straflosigkeit klar illegaler Handlungen zu herrschen. Man ist überzeugt, als großes, einflussreiches Land, die selbst immer wieder aufs Neue angerührten Probleme mit Hinterzimmerdeals, angeberischen Husarenstücken oder einfach dem Dementieren von Fakten lösen zu können. Nach dieser Serie an Dopingskandalen muss Moskau nun damit rechnen, dass seine Gegenüber von einer Schuldvermutung ausgehen - nicht nur im Sport.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Halb so schlimm für Russland

Das Urteil dürfte die russischen Funktionäre nicht besonders beeindrucken, vermutet Der Tagesspiegel:

„[S]ie werden schon einen Weg finden, die Erfolge neutral startender russischer Sportler als Erfolge russischer Sportler zu verkaufen. ... Und am Ende der Spiele tanzen sie dann - wie in Südkorea geschehen nach dem Sieg im Eishockey-Finale - mit Goldmedaille um den Hals und trotz neutraler Flagge die russische Hymne singend wieder ab. Die russischen Zuschauer hat das Etikett 'Olympic Athletes from Russia' nicht besonders gestört. Im Stadion oder an der Strecke beim Biathlon feuerten sie ihr Team mit 'Rossija'-Rufen an. Selbst im für Patrioten so wichtigen Medaillenspiegel gab es kein wahres Problem: Denn den gibt es offiziell nicht. Wer wollte, konnte und kann also die Plaketten der Russen zusammenzählen und im Tableau einfügen.“

Tages-Anzeiger (CH) /

Und sie nehmen doch teil

Gemessen am Ausmaß des Betrugs ist die Strafe äußerst milde, analysiert der Tages-Anzeiger:

„Trotz des Wada-Urteils werden ... auch in Japan 2020 und China 2022 ganz viele Toprussen am Start sein. Wie schon für die Winterspiele von 2018 darf nämlich jeder Russe teilnehmen, der seine Unschuld belegen kann. Und darum muss man den Russen nun gratulieren. Sie manipulierten die entscheidenden (Kontroll-)Daten ihres sogenannten Anti-Doping-Labors von Moskau noch bis in diesen Winter so umfangreich, wie die Wada mittlerweile detailliert belegen kann, dass nun keiner mehr weiss, welcher Russe zu den Netten oder Bösen gehört. Damit ist im Zweifelsfall auch jeder Doper aus Mangel an Beweisen für jeden Grossanlass durchzuwinken.“

ABC (ES) /

Doping als Teil der Außenpolitik

ABC sieht den systematischen Sportbetrug als Teil einer außenpolitischen Strategie Russlands, bestehende Regeln über den Haufen werfen:

„Das vom Kreml praktizierte Staatsdoping kann man nicht als isoliertes Fakt verstehen. Zur russischen Außenpolitik gehören die heldenhaften Sportler - gedopt um zu gewinnen - ebenso, wie die Akteure, die bei jeder sich anbietenden politischen Krise als Agitatoren auftreten. Es ist kein Zufall, dass diejenigen, die internationale Wettbewerbe verfälschen, die gleichen sind, die immer wieder in den Labors zu finden sind, in denen Nachrichten erfunden und verbreitet werden, die die internationale öffentliche Meinung vergiften und erschüttern.“