Fall Mila: Frankreich streitet über Religionskritik

Die 16-jährige Französin Mila Orriols, die in einem Videoclip den Islam als "kacke" bezeichnete und seither mit dem Tod bedroht wird, hat in Frankreich heftige Diskussionen über Religionskritik angestoßen. Europäische Medien sehen keinen Grund für einen Sonderstatus des Islams und finden, dass in einer freien Gesellschaft alle Gläubigen ungeachtet ihrer Religion solche Äußerungen aushalten müssen.

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Berlingske (DK) /

Es braucht eine freie Debatte

Berlingske vergleicht die Reaktionen auf Mila mit denen auf Greta Thunberg:

„Während die Schwedin Thunberg als eine Botin gefeiert wird, die aufgrund ihres geringen Alters besondere Autorität genießt, schlägt Mila Orriols eine Lawine aus Hass, Drohungen und moralischer Kritik von den gleichen Menschen entgegen, die den Jugendaufruhr unterstützen, wenn es ums Klima geht. ... Der Fall Mila zeigt, dass sich die islamische Forderung nach Respekt für die Religion tief in die Seelen eingefressen hat. ... Es braucht offenbar den Trotz einer 16-Jährigen, um gegen die politische Korrektheit und die Angst aufzubegehren, die die freie Debatte über den Islam in Frankreich hemmen. ... Warum sollte es falscher sein, den Islam als 'kacke' darzustellen, als beispielsweise den Kapitalismus oder Sozialismus?“

L'Humanité (FR) /

Muslime verteidigen heißt auch Kritik verteidigen

Die vehementen Reaktionen auf Kritik am Islam schaden letztlich der muslimischen Gemeinschaft selbst, gibt Amar Bellal, Chefredakteur der kommunistischen Zeitschrift Progressistes, in L'Humanité zu bedenken:

„All diese Drohungen und Beleidigungen, sobald man den Islam befleckt, tragen eindeutig zur Ablehnung der Muslime in Frankreich bei. In den Augen vieler Franzosen verweisen sie auf eine Religion, die nicht wie die anderen ist. Wollte man die Muslime ernsthaft verteidigen und dafür sorgen, dass der Islam in religiöser Hinsicht wie die anderen Religionen Frankreichs vollständig akzeptiert wird, würde man als Erstes unmissverständlich diese Jugendliche verteidigen, die Drohungen gegen sie verurteilen und die 'Gläubigen' dazu aufrufen, hinzunehmen, dass alle Religionen kritisiert und verdammt werden können - einschließlich ihrer eigenen.“