Belgien: Wieder Antisemitismus beim Karneval

Der bekannte Karnevalsumzug im belgischen Aalst hat dieses Jahr trotz heftiger Kritik erneut antisemitische Stereotype inszeniert. Zudem wurde die Unesco verspottet, die dem Event wegen seiner Judenfeindlichkeit 2019 den Status des immateriellen Weltkulturerbes aberkannt hatte. Pressestimmen sehen die Sturheit der Aalster auch als Symptom für hartnäckigen Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft.

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Le Soir (BE) /

Humor nicht missbrauchen

Die Karnevalisten befördern gefährliches rassistisches Gedankengut, moniert Le Soir:

„Antisemitismus nährt sich wie Rassismus aus der Banalisierung unter dem Deckmantel des Humors. Man kann über Rabbiner lachen und die Texte und Praktiken aller Religionen verhöhnen. Diesen jedoch 'rassische' oder 'anthropomorphische' Makel zuzuschreiben ist unerträglich. Die Darstellung der 'Hakennasen' von Juden steht in nichts den Bildern nach, die die Nazis und ihre Verbündeten des Pétain-Regimes [Philippe Pétain war von 1940 bis 1944 im Vichy-Regime Staatschef] verbreiteten. Im Laufe der Geschichte wurden die Juden mit ihren körperlichen Attributen zu einem Bild, das sich ins Bewusstsein eingrub und sie ihrer menschlichen Realität und Normalität beraubte. … Lachen ist wichtig. Und dieses Privileg muss gefördert werden. Doch das Lachen darf niemals Ausrede für sämtliche Ausrutscher werden.“

Welt (DE) /

Schmutziges Geheimnis aller Identitären

Dass der Bürgermeister von Aalst kein Problem sieht, ist für die Tageszeitung Die Welt nicht überraschend:

„D'Haese ist von der Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA). Ihr Hauptziel ist die Abspaltung Flanderns von Belgien, ihr Programm könnte man als grün-völkisch bezeichnen: saubere Umwelt, reines Flandern. ... Wo das 'Eigene' durch Abgrenzung zum 'Anderen' definiert wird, ob dieses Andere in Flandern die frankophonen Wallonen, in Brexit-England die Europäer, überall in Europa die Muslime sind, ist der Antisemitismus nie weit. In die Kultur des Abendlands sind die Juden nämlich eingeschrieben als die Anderen schlechthin. Den lustigen Aalster Antisemiten muss man dankbar sein: Sie haben das schmutzige Geheimnis aller Identitären gelüftet.“