USA setzen Zahlungen an die WHO aus

US-Präsident Trump hat die Beitragszahlungen der USA an die Weltgesundheitsorganisation am Dienstag vorerst auf Eis gelegt. Es solle untersucht werden, welche Rolle die WHO bei der "schlechten Handhabung und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus" gespielt habe. Kommentatoren finden Kritik an der Organisation zwar angebracht, bewerten Trumps Vorgehen aber sehr unterschiedlich.

Alle Zitate öffnen/schließen
The Daily Telegraph (GB) /

Trump hat Recht

Ihre Trump-Obsession verstellt den notorischen Kritikern den Blick, kritisiert The Daily Telegraph:

„Die WHO hat bei ihrer Kernaufgabe versagt. Die besteht darin, zu verhindern, dass aus lokalisierten Epidemien Pandemien werden. Gesundheitsbeamte in Taiwan behaupten, sie hätten im vergangenen Dezember vor einem neuen Coronavirus gewarnt, das von Mensch zu Mensch übertragbar sei, doch die WHO habe die Warnung nicht weitergeleitet. ... Donald Trump ist der einzige politische Führer weltweit, der bereit war, die Fehler der WHO aufzuzeigen. ... Es sagt viel über die Anti-Trump-Besessenheit seiner Kritiker aus: Selbst wenn Tausende sterben und Volkswirtschaften zusammenbrechen, attackieren sie lieber den US-Präsidenten, anstatt anzuerkennen, wer der wahre Schuldige ist.“

El Mundo (ES) /

Ein neuer Sündenbock

Mit seiner Überreaktion auf Mängel bei der WHO will der US-Präsident vom eigenen Versagen ablenken, stellt El Mundo klar:

„Wie jede andere Institution im Dienste des Bürgers muss auch die WHO überwacht und kritisiert werden. Und die Kritikpunkte sind klar: von der fehlenden Neutralität bei den Berichten über China zu Beginn der Pandemie bis zu den großen Widersprüchen in ihren Gesundheitsprotokollen und Empfehlungen. Das Krisenmanagement ließ viel zu wünschen übrig und die Verantwortlichen müssen deswegen zu gegebener Zeit Rechenschaft ablegen. Aber all das ändert nichts daran, dass Trumps überproportionale Reaktion nur ein Ablenkungsmanöver in populistischer Manier ist - das Präsentieren eines Sündenbocks -, um über sein eigenes verspätetes und improvisiertes Krisenmanagement hinwegzutäuschen.“

Berlingske (DK) /

Andere Länder müssen einspringen

Auch Berlingske findet, der Präsident sollte vor der eigenen Tür kehren, was das Ausmaß der Pandemie in den USA betrifft:

„Diese Verantwortung trägt Trump ganz alleine. Es stand genug Wissen zur Verfügung, auch von Seiten der WHO, damit die USA sich besser auf das Coronavirus hätten vorbereiten können. Jetzt müssen andere Länder sich verantwortungsvoll zeigen und die amerikanischen Zahlungen an die WHO übernehmen. Wir müssen natürlich einen kritischen Blick auf die Positionen der WHO gegenüber China werfen, aber wenn es die WHO nicht gäbe, müssten wir sie erfinden. Wir stehen mitten in einer Gesundheitskrise, die uns klargemacht hat, wie sehr wir voneinander abhängig sind. “

Polityka (PL) /

Ein Schuss ins eigene Knie

Trump vergrößert Chinas Einfluss, erklärt Polityka:

„Derzeit hat das Reich der Mitte die Kontrolle über vier der fünfzehn spezialisierten Uno-Organisationen. Im vergangenen August wurde ein Chinese Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO. Seine Landsleute stehen an der Spitze der Agenturen für Telekommunikation, industrielle Entwicklung und internationale Zivilluftfahrt. Chinas Einfluss wird umso größer, je weiter sich die USA von ihrer Teilnahme am Uno-System zurückziehen. Und wie man weiß: Wer bezahlt, verlangt. Aus dieser Perspektive sieht der Rückzug der USA aus der WHO aus wie ein Schuss ins Knie des gesamten Westens.“

Hospodářské noviny (CZ) /

Pandemie beschleunigt US-Selbstisolierung

Alles andere als erstaunt über Trumps Entscheidung ist Hospodářské noviny:

„Das Vorgehen ähnelt dem gegen die Welthandelsorganisation WTO, einem anderen Instrument effektiver globaler Zusammenarbeit. In der festen Überzeugung, dass die USA bessere zweiseitige Abkommen aushandeln können, schwächte Washington zuerst die Position der WTO, dann brach ein Handelskrieg mit Peking aus. ... Die Vereinigten Staaten unter der Führung Trumps haben kein Interesse daran, ein aktiver Global Player zu sein, wollen nur ihre Festung unter dem Motto 'America first' verteidigen. Wir erleben den Rückzug Amerikas von der Weltbühne. Ein Prozess, der schon vor der Pandemie begann. Sie beschleunigt ihn nur.“