EZB: Vom Milliarden- zum Billionenpaket

Im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie stockt die EZB ihre Anleihenkäufe um 600 Milliarden Euro auf. Das nun 1,35 Billionen starke Notprogramm wird zudem bis Ende Juni 2021 verlängert. Das soll Staaten, aber auch Unternehmen helfen, weil sie so für ihre Wertpapiere weniger hohe Zinsen bieten müssen. Angemessen oder übertrieben?

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L'Echo (BE) /

Europas neue Dynamik

Auch, wenn noch Hindernisse bleiben, die EU kommt gerade richtig voran, freut sich L'Echo:

„Das Paket der EU-Kommission, das Gemeinschaftsschulden vorsieht, muss noch den Widerstand der nordeuropäischen Länder überwinden. Und das wird nicht leicht. Im Fall der EZB hat man weiterhin den Eindruck, als führe Christine Lagarde seit ihrem Fauxpas am 12. März einen Eiertanz auf. Damals meinte sie, dass die EZB nicht dazu da sei, Zinsunterschiede zwischen den Euro-Ländern zu minimieren, was die Zinssätze für italienische Staatsanleihen emporschnellen ließ. Unabhängig davon, was ihre Präsidentin dazu sagt, muss die EZB zudem das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen. ... Seien wir aber nicht zu kleinlich. Selbst einige US-Kommentatoren zeigen sich erstaunt über Europas neue Dynamik. Und das ist bereits ein schöner Sieg. Danke, Angela, Christine und Ursula.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Konsequente Reaktion auf historische Krise

Der Tagesspiegel begrüßt den Schritt:

„Wir erleben derzeit die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Nachkriegszeit. Da können wir nicht noch eine Eurokrise riskieren. Zu genau der würde es aber ohne das Eingreifen der EZB kommen: Die Risikoaufschläge auf Staatsanleihen etwa aus Italien würden rasant steigen, das Land vor der Pleite stehen und der Euro vor seinem Zusammenbruch. Deshalb ist es nur konsequent, dass die EZB auf diese historische Krise mit einem historischen Hilfsprogramm reagiert. Zudem stützt die EZB mit dem Kaufprogramm nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen. Auch deren Anleihen kauft die Zentralbank zum Teil an und hilft ihnen so sich zu refinanzieren. Klar muss aber sein: Weder ist es ihre Aufgabe, noch kann die EZB diese Krise alleine bewältigen. Die Staaten selbst sind in der Pflicht, die Konjunktur mit eigenen Ausgaben anzukurbeln.“

Contrepoints (FR) /

Wir könnten in einer Welt der Zombies erwachen

Die Anleihekaufprogramme zur Rettung von Staaten und Firmen sind nicht ausreichend durchdacht, bemängelt Contrepoints:

„Bei einem externen Wirtschaftsschock überleben nicht alle Unternehmen. Dass der Staat agiert, indem er die Finanzierung der gesündesten Firmen garantiert, die durch den Lockdown in Schwierigkeiten geraten sind, ist gerechtfertigt. Dass die Hilfe undifferenziert erfolgt, könnte jedoch Firmen retten, die gar nicht überlebensfähig sind. In dieser Hinsicht haben massive Hilfsprogramme wie das der EZB schädliche Langzeitwirkungen auf die Wirtschaft. ... Das Verzerren der Realität führt zu einem noch schmerzhafteren Erwachen, wenn man dann feststellt, dass die große Illusion nicht ewig andauern kann … Vorsicht, uns droht eine 'Zombifizierung' der Wirtschaft!“

La Vanguardia (ES) /

Blockade durch Parteienhickhack

Statt sich mit innenpolitischen Querelen aufzuhalten, sollte Spanien sich endlich darum kümmern, wie die EZB-Mittel eingesetzt werden sollen, mahnt Chefredakteur Jordi Joan in La Vanguardia:

„Wie die EZB macht auch die deutsche Regierung die Reserven locker und kündigte gestern ein 130 Milliarden Euro starkes Konjunkturpaket an. Italien und Frankreich signalisieren ebenfalls Bereitschaft, massiv Geld auszugeben. Was wird in Spanien passieren? Diese Frage bewegt heute alle Bürger. Sinnvoll wäre eine ernsthafte, reflektierte und parteiübergreifende Debatte darüber, was mit dem ganzen Geld geschehen soll. Die Maßnahmen der EZB bestätigen auch die Dringlichkeit der Situation. Aber die einzigen Sorgen, die man in Spanien hat, scheinen sich um die Entlassung eines Guardia-Civil-Chefs und die Teilnahme an der Frauendemo am 8. März zu drehen.“