Frankreich: Freibrief für Polizeigewalt?

Frankreichs Nationalversammlung hat am Freitag Teilen eines neuen Sicherheitsgesetzes zugestimmt. Aufnahmen von Polizeikräften, die deren Identität enthüllen könnten, sollen künftig nicht mehr öffentlich verbreitet werden dürfen, während der Polizei ihrerseits mehr Kameraüberwachung und Bewaffnung zugestanden wird. Das stößt auf vehementen Protest bei Medien und Bürgerorganisationen, der sich in den Kommentarspalten spiegelt.

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Les Echos (FR) /

Unvereinbar mit der Pressefreiheit

In einem offenen Brief, publiziert unter anderem von Les Echos, wenden sich die Leiter zahlreicher Medienhäuser vehement gegen das Gesetz:

„Wir sind besorgt darüber, dass der Innenminister die Pressefreiheit bei Demonstrationen untergraben will. ... Sein Vorschlag, wie Journalisten geschützt werden sollen, ist gleichbedeutend mit der Überwachung und Kontrolle ihrer Arbeit. Diese Maßnahme steht in einem besonders beunruhigenden Zusammenhang mit dem Gesetzesvorschlag zur globalen Sicherheit, der Beschränkungen für die Verbreitung von Bildern von Polizisten und Gendarmen vorsieht. Es kann nicht sein, dass Journalisten sich beim Polizeipräsidium melden müssen, um über eine Demonstration zu berichten. Es darf keine Akkreditierung erforderlich sein, um unsere Arbeit im öffentlichen Raum frei zu tun. Wir werden unsere Journalisten für die Berichterstattung über Demonstrationen nicht akkreditieren lassen.“

Mediapart (FR) /

Autoritarismus Einhalt gebieten

Diese Debatte berührt die grundlegendsten Fragen, wie eine Demokratie organisiert werden soll, schreibt ein Bündnis gegen Polizeigewalt in einem Blogbeitrag bei Mediapart:

„Dem ungezügelten Autoritarismus und der Überwachungsgesellschaft, die durch den Gesetzesvorschlag gefördert werden, muss man dringend Einhalt gebieten. Aber ebenso wichtig ist es, mit den desaströsen Sicherheitsoptionen der letzten fünfzehn Jahre zu brechen, die die Gewalt, die sie reduzieren sollten, nur noch verschärft haben. Die Frage nach der Polizei, die Handhabung der öffentlichen Ordnung und die Deeskalation müssen nun die Prioritäten sein. ... Welche Art von Polizei brauchen wir? Hängt unsere Sicherheit nur von der Polizei ab? ... Einschränkungen der Meinungsfreiheit, der Informationsfreiheit, der Bewegungsfreiheit - von welcher Demokratie reden wir hier eigentlich?“