Ein Jahr Hanau: Deutschland und der Rassismus

In vielen Städten in Deutschland ist am Freitagabend der Opfer des rechtsextremistischen Attentates in Hanau vom 19. Februar 2020 gedacht worden. Pressestimmen aus dem europäischen Ausland reflektieren, warum das Gedenken und die Debatte um strukturellen Rassismus, die die Tat ausgelöst hat, für Deutschland so wichtig sind.

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Karar (TR) /

Das rechte Auge geöffnet

Vor Hanau wurde das Rechtsextremismus-Problem ignoriert, meint Karar:

„Statt Alarmglocken zu läuten, förderte das politische Establishment jahrelang Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und 'Islamophobie'. ... Es gab keine gesellschaftliche Mobilisierung gegen die äußerste Rechte. Selbst polizeiliche Maßnahmen wurden nicht richtig umgesetzt. Es war wie eine vergoldete Einladung zum Massaker von Hanau. Der deutsche Staat war 'blind auf seinem rechten Auge'. ... Leider musste erst das Hanau-Massaker geschehen, um das Problem richtig zu benennen. ... [Das Gedenken] zum Jahrestag, insbesondere die bewegende Botschaft von Außenminister Maas (die auch die Bemühungen zur Ausrottung von Rassismus in der deutschen Polizei erwähnte) sind wichtig, um den Kampf gegen Rassismus wieder zuoberst auf Deutschlands Agenda zu setzen.“

republica.ro (RO) /

Maßnahmen kratzen nur an der Oberfläche

Auch ein Jahr nach dem Attentat sind für republica.ro noch viele Fragen offen:

„Rassismus ist immer noch ein strukturelles Problem in Deutschland. ... Die Regierung ergreift weitere Maßnahmen, um dem Phänomen Herr zu werden: Verschärfung des Waffengesetzes; strikte Gesetze gegen einen diskriminierenden Diskurs; Abänderung althergebrachter Begriffe, um Bürger anderer Herkunft zu beschreiben, auch der Begriff 'Rasse' soll aus dem Grundgesetz verschwinden. Während der Staat an einer Verfeinerung der Sprache arbeitet, fragen sich die Angehörigen der Opfer, ob das Attentat hätte verhindert werden können. … Warum waren die Notausgänge einer Bar verschlossen? Damit die Polizei in den von 'Ausländern' frequentierten Bars problemlos Razzien durchführen kann? Warum wurden ohne Einverständnis der Familien Autopsien durchgeführt? Und warum sind 'Ausländer' immer noch eine Gefahr in Deutschland?“