Brutale Pushbacks an Kroatiens Grenze gefilmt

Ein internationales Reporterteam hat auf Film festgehalten, wie Migranten, die über die bosnisch-kroatische Grenze in die EU wollen, von Einheiten mit kroatischer Polizeiausrüstung buchstäblich zurückgeprügelt werden. Solche Pushbacks sind illegal, die EU will nun eine Untersuchung einleiten. Europas Medien, allen voran Kroatiens, sind empört.

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Jutarnji list (HR) /

Eine europäische Lösung finden

Die illegalen Pushbacks sind eine Blamage für Kroatien, findet Jutarnji list:

„Wenn es sich um offizielle Polizisten handelt, heißt das, dass unsere Polizei absichtlich kroatisches, EU- und internationales Recht bricht. Wenn es keine Polizisten waren, wäre das der Beweis dafür, dass wir unsere Grenzen doch nicht so unter Kontrolle haben, wie wir dachten. Sondern dass es Individuen gibt, die auf eigene Faust Migranten fangen und über die Grenzen zurückpushen können, während die Polizei keine Ahnung davon hat. ... Kroatien und Bosnien-Herzegowina müssen für dieses schwerwiegende Problem eine gemeinsame, europäische Lösung finden, denn sonst wird diese Grenze zur Zone steter Probleme mit Migranten.“

Novi list (HR) /

Das Dilemma an den EU-Außengrenzen

Zagreb befindet sich in einer schwierigen Lage, urteilt Novi list:

„Auf der einen Seite wird von Kroatien erwartet, alle humanitären Konventionen bis zum letzten Buchstaben zu befolgen. ... Auf der anderen Seite möchte Kroatien Schengen beitreten, in dem es schon jetzt die erste Verteidigungslinie ist, ohne Mitglied zu sein. Die EU-Nachbarländer haben ihre Grenzen dichtgemacht. Kroatien und Griechenland stehen an vorderster Front in der EU, dazu Serbien und Bosnien-Herzegowina, die Mitglieder werden wollen. Und die finden sich in dieser Situation zurecht, wie sie eben können. ... Ungeachtet der Heuchelei der Reichen [EU-Länder] darf sich Kroatien aber nicht erlauben, so darauf zu antworten, wie es auf den Aufnahmen sichtbar ist.“

Index.hr (HR) /

Die Öffentlichkeit hat nichts dagegen

Das Schlimmste an der Situation ist, dass die kroatische Polizei sich der Unterstützung der Bevölkerung sicher sein kann, schimpft Index.hr:

„Genau dies ermöglicht eine Fortsetzung dieser blutigen, inhumanen und gesetzwidrigen Praxis an der Grenze zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina, also der EU und Bosnien-Herzegowina. Denn würde die Mehrheit der Öffentlichkeit über das illegale Verprügeln von Menschen erschaudern, dann wäre es für [Premier] Plenković und seinen Polizeiminister Davor Božinović nicht so einfach, jahrelang eine Politik zu führen, die die Gesetze Kroatiens und internationalen Konventionen bricht. Aber dieses Erschaudern bleibt aus, denn die Meinung der Mehrheit der kroatischen Gesellschaft ist offensichtlich.“

Deutschlandfunk (DE) /

Keine EU-Gelder für staatlich organisierte Gewalt

Jetzt muss eine Reaktion aus Brüssel folgen, betont der Deutschlandfunk:

„Was die Kommission jetzt tun könnte, wäre zum einen gründlich zu überprüfen, wohin die EU-Mittel für den Grenzschutz fließen. Laut Medienberichten finanziert Kroatien mit diesen Geldern unter anderem die Unterkunft und Ausrüstung der brutalen Schläger. ... Wenn das stimmt, wäre es ein Armutszeugnis - zumal all das erst durch Recherchen bekannt wurde. Und das, obwohl die EU in Kroatien einen unabhängigen Überwachungs-Mechanismus hat. Er muss so umgestaltet werden, dass er die Bezeichnung unabhängig überhaupt verdient. Momentan werden die kroatischen Behörden meist nur nach vorheriger Ankündigung kontrolliert. Offensichtlich reicht das nicht.“