Cop26: Kann die Welt mit den Beschlüssen leben?

Nach zweiwöchigen Verhandlungen haben sich die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz in Glasgow am Samstag auf eine Abschlusserklärung geeinigt. In Bezug auf den Kohleausstieg wurde das von rund 200 Staaten unterzeichnete Dokument abgeschwächt, um einen Kompromiss mit China und Indien zu erzielen. Die Vorgabe, die unzureichenden Klimaschutzpläne bis Ende 2022 nachzuschärfen, bleibt freiwillig. In Europas Presse finden sich viel Pessimismus und ein wenig Zuversicht.

Alle Zitate öffnen/schließen
tagesschau.de (DE) /

Erbärmlich

Für tagesschau.de war der Gipfel eine einzige Enttäuschung:

„Die Konferenz war voll von wolkigen Versprechen - Methan reduzieren, weniger Wälder abholzen, früher raus aus der Kohle. Aber allein der Satz zur Kohle im Abschlusstext: so larifari weichgespült, dass selbst die Kohleländer Australien und Indien zustimmen konnten. Weil sie dadurch nichts ändern müssen. Die USA und China wollen einen Arbeitskreis bilden zu mehr Klimaschutz. Einen Arbeitskreis - lächerlich. Konkrete Zusagen, nach sieben Monaten Geheimverhandlungen zwischen den Mega-Verschmutzern? Keine. ... Allein die Versprechen beim Klimaschutz sind immer noch viel zu wenig, vom Einhalten mal ganz zu schweigen. ... Wie erbärmlich.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Das reicht vorne und hinten nicht

Auch Helsingin Sanomat ist desillusioniert:

„Den Reden zufolge war die Stimmung auf dem Klimagipfel in Glasgow ausgezeichnet. … Mittlerweile hat die Krise eine neue Qualität erreicht. Die Länder der Südhalbkugel sind nicht nach Glasgow gekommen, um über die Regeln des Emissionsmarktes zu streiten, sondern schlicht und ergreifend, um um Geld zu flehen, damit sie sich vor Hurrikans schützen und die Schäden beheben können. Trotzdem hat es die Versammlung in den zwei Wochen nicht geschafft, in ihrer Resolution eindeutig den Verzicht auf fossile Brennstoffe oder Subventionen für fossile Brennstoffe festzuschreiben. Die Stimmung zu verderben ist nicht nett, aber das ist nicht genug.“

Cumhuriyet (TR) /

Null CO2 - aber noch nicht jetzt

Cumhuriyet-Kolumnist Ergin Yıldızoğlu schreibt:

„[Am Ende] können wir sagen, dass das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Abkommens von 2015 mittlerweile unerreichbar ist. ... Dieser Pessismimus ergibt sich aus der Diskrepanz zwischen den langfristigen Versprechen der Länder und dem, was sie in den nächsten zehn kritischen Jahren machen werden. Einige Kommentatoren des Gipfels haben an das Gebet des heiligen Augustinus erinnert, der Gott bat, ihn enthaltsam zu machen - aber noch nicht sofort. 'Null Kohlenstoff, Methangas, keine Waldvernichtung - aber noch nicht jetzt' bedeutet für die Zukunft der Welt ein Katastrophenszenario.“

The Times (GB) /

Mehr erreicht als erwartet

Die Ergebnisse des Klimagipfels können sich sehen lassen, findet hingegen The Times:

„Selbst die sprachliche Abschwächung zur Kohle in der Abschlusserklärung muss im Kontext gesehen werden. Das war der erste Vertrag einer Klimakonferenz, der erwähnt, dass die Welt ihre Abhängigkeit von Kohle beenden muss. Und auch wenn China und Indien noch nicht bereit sind, ein Datum für den endgültigen Kohleausstieg festzulegen, haben sich die G20 am Vorabend der Konferenz verpflichtet, die Finanzierung neuer Kohlekraftwerke im Ausland zu beenden - ein bedeutender Fortschritt. ... Zudem haben 23 große Kohleverbraucher, unter ihnen Vietnam und Südkorea, den Kohleausstieg versprochen.“

La Repubblica (IT) /

Die Jungen können die Alten nicht mehr ernst nehmen

Spätestens nach Glasgow bleibt zwischen den Verantwortlichen der Welt und der Jugend nur noch Sprachlosigkeit, urteilt La Repubblica:

„Wenn Kinder die Sprache ihrer Eltern ablehnen, wird der natürliche Prozess der Weitergabe zwischen den Generationen unterbrochen. Genau das ist in Glasgow geschehen, noch bevor Cop26 im letzten Akt seine Ohnmacht vor den Augen der Welt zelebrierte, die - abgelenkt - dabei zusah, wie der Klimapakt am Kohlefelsen zerschellte. Greta Thunbergs Anprangerung des 'bla, bla, bla' ist keine Geste des Protests, nicht einmal ein Akt der Opposition, sondern die Ablehnung eines Codes, der Bruch eines Paktes, die Ablehnung einer gemeinsamen Lesart der Wirklichkeit und schließlich der Abschied von einer gemeinsamen Geschichte.“