Serbien: Massive Proteste gegen Vučić

Schon den zweiten Samstag in Folge haben Zehntausende Serben trotz mitunter heftiger Gewalt gegen sie mit landesweiten Straßenblockaden gegen ein von Präsident Vučić geplantes Gesetz demonstriert. Es erleichtert die Enteignung von Privatland bei großen Infrastrukturprojekten und würde dem Konzern Rio Tinto ermöglichen, auf die riesigen Lithium-Vorkommen nahe der Stadt Loznica zuzugreifen.

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Peščanik (RS) /

Er kann austeilen, aber nicht einstecken

Die Demonstrierenden nehmen ihr Recht wahr, sich gegen die Beleidigungen der Regierung zu verteidigen, erklärt Peščanik:

„Die alltägliche verbale Gewalt bricht verzerrt aus dem Bildschirm, schreit von den Titelseiten der Boulevardpresse. Unser Herrscher behandelt Bürger, die anders denken, als Feinde, und der Feind ist nicht einmal ein Bürger zweiter Klasse. Er redet nicht, er droht. Alle seine Verfassungsverletzungen sind zugleich Verletzungen der Menschenwürde. Die Bürger haben nicht die Möglichkeit, ihm im gleichen Maße zu antworten, außer sich zu versammeln und zu protestieren. ... Alle Amtsträger müssen schärfste Kritik ertragen, auch die durch den sogenannten Volksmund. Bürger müssen dies nicht. Trotzdem ertragen sie es seit fast einem Jahrzehnt.“

Danas (RS) /

Das Schlimmste kommt noch

Die Skrupellosigkeit der Unterstützer des Präsidenten findet Danas erschreckend:

„Das Grauen der Gewalt, die wohl noch bevorsteht, wie man bei früheren Demonstrationen gesehen hat, werden vor allem die Mutigsten spüren. In den kleinen Gemeinden auf dem Land gibt es keinen Schutz vor der Rache der Regime-Unterstützer. ... Da werden Fackeln herausgetragen, um Demonstranten zu bewerfen, man fährt sie mit Autos an, Prügel und Hämmer fallen aus Hoodies heraus, und danach wird in offiziellen Fahrzeugen geflüchtet. Diese Gewalt ist nicht nur der Moment des Fausthiebes, der vielleicht von Kameras eingefangen wird, sondern sie kommt direkt in Häuser, Schulbänke und Krankenbetten.“

Večernji list (HR) /

Krawallmacher sofort enttarnt

Diesmal konnten selbst die Schläger von Präsident Vučić die Proteste nicht verhindern, lobt Večernji list:

„Das Regime verzichtete diesmal auf sein bewährtes Rezept - die Provokation von polizeilicher Gewalt. Stattdessen gab es obskure Gruppen, die auf Anordnung des Regimes versuchten, die Proteste zu kompromittieren, doch keinen Erfolg dabei hatten. Die Demonstranten wehrten sich organisiert gegen die Regime-Bullys, schlossen sie aus ihren Reihen aus, was zudem gefilmt und gezeigt wurde, damit jeder den Modus Operandi der Regime-Bullys sehen konnte. Das bedeutet eine gute Nachricht für die Demonstrationen und ihre Glaubhaftigkeit und eine riesige Niederlage für Vučić und seine Propagandamaschine.“

Telegram.hr (HR) /

Vučić hat sich grob verrechnet

Diese Proteste könnten sogar der Anfang vom Ende der Regierung Vučić sein, meint Telegram:

„Am Ende hat er [Vučić] sich verkalkuliert, denn er hat nicht mit Massendemonstrationen von Bürgern gerechnet, die sehen, wie ihnen ihr Land und ihre Gesundheit genommen werden. ... Kurzum bekam er einen Aufstand der breiten Bevölkerung, dem sich die Opposition nur angeschlossen hat - beziehungsweise einen Aufstand von Menschen, die bereit sind, durchzuhalten und das ganze Land zu blockieren und keine Angst vor Schlägern des Regimes haben, was einen neuen Faktor in der ganzen Sache darstellt. ... Vučić hat sich so verkalkuliert, dass er vergessen hat, wie Gewalt gegen Massendemonstrationen in Serbien endet: Immer in Fall und endgültiger Niederlage, es ist nur eine Frage der Zeit.“