Bringt der Ukraine-Krieg Vorteile für Macron?

Die aktive Rolle von Frankreichs Präsident Macron als Vermittler im Krieg in der Ukraine bringt für ihn mögliche Vorteile aber auch Risiken für den laufenden Präsidentschaftswahlkampf, analysieren Kommentatoren.

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The Times (GB) /

Rivalen stolpern über Putin-Nähe

Warum vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine Macrons Chancen auf eine Wiederwahl steigen, erklärt Kolumnistin Agnès Poirier in The Times:

„Eine Mehrheit der Franzosen ist der Meinung, dass ihr Präsident alles getan hat, um diesen Krieg zu verhindern. Und jetzt, wo der Krieg tobt, deuten Umfragen darauf hin, dass ein immer größerer Teil der Bevölkerung ihn für fünf weitere Jahre an der Spitze des Landes sehen will. ... Währenddessen versuchen seine Rivalen der extremen Rechten und Linken - Marine Le Pen, Éric Zemmour und Jean-Luc Mélenchon - wenig überzeugend davon abzulenken, dass sie Putin jahrelang bewundert haben. Doch bei diesen Bemühungen bringen sie sich nur noch mehr in Verruf. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie alle im ersten Wahlgang kläglich scheitern.“

Le Monde (FR) /

Er hat es ja schon immer gesagt

Inhaltlich kann der Amtsinhaber jetzt punkten, hebt Le Monde im Leitartikel hervor:

„Als Vorreiter im Kampf um Europa kann sich Emmanuel Macron rühmen, seinen Konkurrenten eine Nasenlänge voraus zu sein. Er war der Erste, der die Schwachstellen des europäischen Kontinents aufzeigte, sich für das Konzept der strategischen Autonomie einsetzte und die EU beim Aufbau eines Wirtschafts- und Demokratiemodells mitreißen wollte, das attraktiv genug ist, um Diktatoren die Stirn zu bieten. Die europäische Debatte, die jahrelang wegen Haushalts- und Währungsfragen blockiert war, nimmt nun eine völlig neue Dimension an.“

L'Opinion (FR) /

Riskante Diplomatieversuche

Macron hat sich am Mittwochabend in einer zweiten Ansprache seit Beginn des Ukraine-Kriegs an die Franzosen gewandt und darin seine diplomatischen Bemühungen gegenüber Wladimir Putin betont. Eine riskante Haltung, warnt L'Opinion:

„Sollte der Krieg heftiger werden, könnte dies zum Scheitern desjenigen führen, der als Einziger mit Putin sprach, seinen mörderischen Wahn aber nicht bremsen konnte. Daher hat der Staatschef klargestellt: Die Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten dienen dazu, ihn von einem weiteren Abgleiten abzuhalten. Die Inhalte des Diskurses zum Krieg sind nun bekannt. Jetzt ist es Zeit für Erklärungen zur Kandidatur, um endlich die Wahlkampf-Debatte zu beleben. Damit der Krieg, wie Macron einräumte, nicht länger 'unser demokratisches Leben durcheinanderbringt'.“