Bulgaren protestieren gegen neuen Haushaltsplan
Vergangene Woche und erneut am Montag sind in Bulgarien Zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen. Anlass der wohl größten Demonstrationen seit Jahren war der Haushaltsplan der Regierung für 2026, der eine Erhöhung von Steuern und Abgaben vorsieht. Auch stehen Korruptionsvorwürfe im Raum. In Sofia kam es nun auch zu Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.
Depressive Stimmung überwunden
Philosophie-Professor Kalin Janakiew konstatiert in Dnevnik ein Erwachen des Bürgersinns:
„Als Teilnehmer an allen großen Protesten seit 1989 kenne ich diese von innen heraus und kann ihr Ausmaß an Radikalität und ihren Adrenalingehalt ziemlich genau einschätzen. Deshalb kann ich mit Sicherheit behaupten, dass der Protest am vergangenen Mittwoch die heute herrschende Oligarchie zu Recht erschreckt hat. ... Ich gebe zu, dass ich weder eine so große Menschenmenge noch ein solches Ausmaß an Wut erwartet hatte. Ich hatte das Gefühl, dass sich unser Land nach 2020 in einer tiefen Verzagtheit befand, eine angewidert-verzweifelte Stimmung, die ich in keiner Weise gutheißen konnte. ... Ich bin froh, dass meine Mitbürger mich am Mittwoch eines Besseren belehrt haben.“
Opposition muss den Zorn in Politik transformieren
Damit, dass so viele Menschen auf die Straße gehen würden, hat niemand gerechnet, schreibt Sega:
„Der Protest gegen den Haushalt versammelte so viele Menschen, dass es alle überraschte: sowohl die Regierenden, die eine weitere harmlose Oppositionsaktion erwarteten, als auch ihre Gegner, die sich lediglich auf einen Kampf gegen den Haushaltsentwurf eingestellt hatten. Es ist klar, dass das Problem der Staatsausgaben bei weitem nicht das einzige ist, das Tausende von Bürgern auf die Straße getrieben hat. Vielleicht ist es sogar nicht einmal das Hauptmotiv. Jetzt steht die Opposition vor einer schwierigen Aufgabe. Sie muss nicht nur verstehen, was die Menschen wollen, sondern dies auch als erreichbares politisches Ziel formulieren.“