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Ermittler an der Absturzstelle

Foto: AP/Rami Slush

Der Schlagabtausch zwischen Israel und Syrien – als Stellvertreter des Iran – hat gezeigt, wie schnell sich im Nahen Osten theoretische Szenarien in harte Realität wandeln können: Seit Monaten beschreiben Analysten die Möglichkeit eines neuen Kriegs, in dem Israel die iranische Präsenz beziehungsweise jene der von Teheran gesteuerten Gruppen an der syrischen Grenze zu Israel zurückzurollen versuchen würde.

Dieser Krieg gilt als von manchen antiiranischen arabischen Akteuren geradezu erwünscht: Aber trotz der strategischen Interessengemeinschaft mit den neuen arabischen Freunden war gerade das ein Grund mehr für das israelische Sicherheitsestablishment, sich die Sache kühl anzusehen und die Folgen abzuwägen. Fazit: Israel will diesen Krieg nicht. Spätestens dann, wenn Hisbollah-Raketen auf israelische Städte regnen, könnte er nur mehr schwer "begrenzt" werden. Das aktuelle Schlaglicht auf die Verwundbarkeit Israels – der Verlust des ersten Kampfjets seit 1982 – wird diese Position eher bestärken.

Der libanesischen Hisbollah, durch den erfolgreichen Krieg an der Seite des Assad-Regimes hochgerüstet und mit Gefechtserfahrung ausgestattet, galt stets die Hauptsorge Israels. Die jüngste Eskalation brachte jedoch die eigentlichen Gegner – Israel und Iran – direkt in Konfrontation: Der Auslöser war laut Israel und den USA eine iranische Drohne, und der israelische Folgeangriff galt einer iranischen Einrichtung in Syrien. Bisher galt bei jedem der über die Jahre zahlreich gewordenen israelischen Angriffe in Syrien – wie jenem am vergangenen Dienstag –, dass nur eine kosmetische Antwort zu erwarten war. Das war diesmal anders. Und der israelische Kampfjet am Boden macht mehr publizistischen Eindruck als alle Folgeschläge Israels in Syrien, deren Wirkung man erst nach und nach erfahren wird.

Schön langsam ein Ceterum censeo

Die Reaktionen Syriens und des Irans waren vorhersagbar – das Dementi Teherans, in dem die Drohnengeschichte als "lächerlich" bezeichnet wurde, zeigt, dass auch dort in einem ersten Moment eher Schadensbegrenzung betrieben wird. Der Libanon erinnerte indes daran, dass israelische Angriffe auf Syrien oft vom libanesischen Luftraum ausgehen, so auch vorige Woche. Auch das war nach der Rede von Premier Benjamin Netanjahu, der die Verteidigung der israelischen Souveränität in den Mittelpunkt stellte, aufgelegt. In Israel wird man indes mit Interesse die arabischen Medien durchforsten, wer wo wie viel Gewicht darauf legt, dass der Golan ja von Israel "besetzt" sei – eine Diskussion auch deshalb von theoretischem Wert, weil die Drohne ja weiter südlich abgefangen wurde.

Eine negative Überraschung dürfte hingegen in Israel die russische Reaktion gewesen sein: Die Stellungnahme Moskaus am Samstag bezog die Gefahr, die von den israelischen Luftangriffen ausgeht, direkt auf die in Syrien präsenten Russen – die mit Einladung der syrischen Regierung dort seien, wie betont wurde. Impliziter Nachsatz: Was man von den USA oder auch der Türkei nicht sagen könne.

Für Netanjahu ist es seit längerem ein politisches Problem, dass Präsident Wladimir Putin sich die israelischen Klagen zur iranischen Ausbreitung in Syrien freundlich anhört – und es dabei bewenden lässt. Umso frustrierender ist es, dass Moskau dennoch auch bei der Eindämmung der aktuellen Eskalation eine unverzichtbare Rolle spielt. Die Anmerkung, dass das für Washington nicht gilt, wird schön langsam zum Ceterum censeo. Das muss für Israel beunruhigend sein. (Gudrun Harrer, 11.2.2017)