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Erdogans Prahlerei bringt keinen Frieden

Die Türkei will die Offensive in Syrien weiter ausdehnen: Präsident Recep Tayyip Erdogan. Foto: Kayhan Ozer (Keystone)

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Passend zum türkischen «Tag der Märtyrer» konnte der türkische ­Präsident Recep Tayyip Erdogan die Einnahme des nordsyrischen Afrin vermelden. Er tat das in gewohnt breitbeiniger Rhetorik: Die kurdischen Kämpfer hätten den Ort «mit eingezogenem Schwanz verlassen», sagte Erdogan, die türkische Armee und die mit ihr verbündeten syrischen Milizen kontrollierten nun die Stadt.

Schon bald darauf bemühten sich türkische Meinungsmacher, die völkerrechtswidrige Invasion der kurdischen Enklave als Eingriff darzustellen, der präzisen humanitären Kriterien folgt. Sie twitterten fleissig Bilder der einst vom sogenannten Islamischen Staat besetzten Städte Raqqa und Mosul, deren Zentren nach der Vertreibung der Jihadisten weitgehend in Schutt und Asche lagen. Daneben sieht man das dank der Türkei von angeblichen PKK-Terroristen befreite Afrin – fast gänzlich unzerstört!

Widerstand angekündigt

Die kurdische Seite stellt das Geschehen naturgemäss anders dar. Ihre Kämpfer hätten sich aus Afrin eben genau deshalb zurückgezogen, um der Stadt und ihren Bewohnern das Schicksal von Mosul und Raqqa zu ersparen: blutige Häuserkämpfe, bei denen Zivilisten unweigerlich zwischen die Fronten geraten, einen grausamen Bombenkrieg, der eine kaum zählbare Menge an Unschuldigen unter Trümmern begräbt. Denn dass die Türkei nicht davor zurückschreckt, Städte zu belagern und ganze Viertel dem Erd­boden gleichzumachen, hat sie im vergangenen Jahr in den Kurdenge­bieten im eigenen Land bewiesen.

Doch nicht einmal die Nachricht, dass eine Stadt in Syrien ihrer Zerstörung entgeht, ist eine uneingeschränkt gute in diesem Krieg. Kurz nach Erdogans Siegesprahlerei kündigte die kurdische YPG-Miliz am Sonntag an, aus dem Untergrund weiter gegen die türkischen Truppen und ihre syrischen Söldner vorzugehen. Und bereits am Montagmorgen explodierte die erste Bombe in Afrin und tötete elf Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten.

Aus militärischer Sicht mag es nachvollziehbar sein, wenn sich die Kurden nun auf einen Guerillakrieg verlegen. Es ist jedoch auch eine ziemlich gefährliche Strategie – vor allem, wenn sich einige ihrer Kämpfer entscheiden sollten, den Konflikt über die Grenze auch in die Türkei zu tragen: Jeder Hinterhalt, in den türkische Soldaten und ihre Verbündeten geraten, wird von Ankara als Beleg dafür angeführt werden, dass die syrischen Kurdenorganisationen nur Ableger der Arbeiterpartei PKK sind – in ihren Augen also Terroristen, gegen die mit Härte vorgegangen werden muss. Und jede Bombe, die Unschuldige tötet, wird als Grund zitiert ­werden, die Offensive in Syrien noch weiter auszudehnen. Erst gegen die Stadt Manbij westlich des Euphrat, wie es Ankara bereits ankündigt. Dann vielleicht weiter «bis zur irakischen Grenze», wie es schon jetzt in hitzigen Reden heisst.

Und selbst wenn die Türkei nun ankündigt, ihre Soldaten bald wieder aus Afrin zurückzuziehen, ist das keine rein positive Nachricht. Der Vizepremier sagt, man werde den Landstrich seinen «wirklichen Besitzern» zurückgeben. Damit sind wohl kaum die kurdischen Einwohner gemeint, die nun geflohen sind. Ankara plant wohl eher, in die Türkei ge­flüchtete syrische Araber hier anzu­siedeln. Damit ist der nächste Konflikt vorprogrammiert – Frieden hat erzwungener Bevölkerungsaustausch noch nie gebracht.