Kommentar

Die EU-Mitgliedschaft und der kühle Kopf der Slowenen verhindern einen Durchmarsch der Rechtspopulisten

Mit einem Viertel der Stimmen ist die rechte SDS zwar stärkste Partei in Slowenien. Für den Durchbruch reicht das nicht.

Andreas Ernst
Drucken
In Slowenien ist die SDS-Partei des rechtskonservativen Oppositionsführers Janez Jansa die stärkste politische Kraft geworden. (Bild: Matej Leskovsek / AP Photo)

In Slowenien ist die SDS-Partei des rechtskonservativen Oppositionsführers Janez Jansa die stärkste politische Kraft geworden. (Bild: Matej Leskovsek / AP Photo)

Im untergegangenen Jugoslawien galten die Slowenen als fleissig und langweilig. In der Politik sind das nicht unbedingt schlechte Eigenschaften. Seit der Unabhängigkeit von 1991 wird das Land mehr oder weniger aus der Mitte regiert. Man ist damit meist gut gefahren, auch wenn die Zersplitterung der politischen Landschaft zugenommen hat. Auch die Wirtschaft hat nach der Krise wieder Tritt gefasst und wächst mit fünf Prozent ordentlich.

Verhindertes Experiment

Janez Jansa, der Präsident der rechtsnationalen SDS, war angetreten, mit Traditionen zu brechen und Slowenien im rechtspopulistischen Lager Europas zu verankern. Es ist nicht nur der slowenische «Nationalcharakter», der das riskante Experiment verhinderte. Immerhin: Mit einem Viertel der Wählerstimmen ist Jansas Partei jetzt die stärkste Kraft. Dass es ihr gelingt, eine Mehrheit für eine Regierung zu bilden, ist unwahrscheinlich. Etliche Mitbewerber, unter ihnen der linksliberale Newcomer Marjan Sarec, haben ein Zusammengehen mit der Rechten ausgeschlossen. Die Regierungsbildung wird schwierig werden, Neuwahlen sind durchaus möglich.

Weshalb ist Jansas Sturm auf das «Establishment» gescheitert? Unter anderem, weil er selber dazugehört. Der 59-Jährige war zweimal Ministerpräsident gewesen, bevor er wegen Unregelmässigkeiten bei der Rüstungsbeschaffung ins Gefängnis musste. Wenn er nun versucht, als Saubermann den Besen zu schwingen, überzeugt das nicht. Seinen Populismus hatte Jansa bei Viktor Orban abgeschaut, der ihn im Rahmen seiner osteuropäischen Allianzpolitik auch aktiv unterstützte: Thema Nummer eins war, natürlich, die Migration. Aber Jansa wirkte auch da nicht besonders glaubwürdig. Die Migrationsfrage, so rief er bei Wahlkampfauftritten, sei «unsere Schicksalsfrage».

Das mag stimmen für Europas Zusammenhalt, aber stimmt es für Slowenien? Das Land ist seit je ein klassisches Transitland auf der Balkanroute, die zurzeit nicht stark begangen wird. 2017 gewährte Slowenien 150 Personen Asyl, 2016 waren es 170. Das sind auch für ein Zwei-Millionen-Land keine bedrohlichen Zahlen. Während sein Lehrmeister Orban sich als Verteidiger des christlichen Europa gegen die islamische Völkerwanderung in Szene setzt, versprach Jansa – etwas blutleer – die «Verteidigung des Schengenraums».

Keine Eskalation

Auch ein anderer Schwerpunkt seiner Kampagne zog nicht recht: der Streit mit Kroatien über die Grenze. Ljubljana und Zagreb liegen sich seit dem Austritt aus dem gemeinsamen Staat Jugoslawien in den Haaren. Ein Schiedsgericht war angerufen worden, doch die Kroaten anerkennen das vor einem Jahr ergangene Urteil nicht. Kurzum, der Grenzstreit erscheint als der ideale Gegenstand für einen nationalistischen Wahlkampf. Man hetzt gegen die Nachbarn und propagiert den Schulterschluss des Volkes.

Jansa hat auch das versucht, aber ohne grossen Erfolg. Weshalb? Weil jeder Slowene weiss, dass der Grenzkonflikt zwischen zwei EU-Staaten nicht eskalieren wird, dass auch die Kroaten eine friedliche Lösung im Rahmen der EU suchen und man im Sommer sowieso wieder hinunter an die kroatische Küste in die Ferien fahren wird. Dass Territorialkonflikte nicht zur nationalistischen Mobilisierung missbraucht werden können, ist nicht selbstverständlich, sondern verdankt sich der Europäischen Union. Ihre Existenz als Rechtsgemeinschaft erschwert nicht nur in Slowenien den Durchmarsch von Rechtspopulisten.