Kommentar

Ein Herz für Israel

Washington hat dem Uno-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge die Gelder entzogen. Der Schritt verdeutlicht einmal mehr, auf welcher Seite in diesem Konflikt Trumps Sympathien liegen.

Christian Weisflog
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Während Trump die 360 Millionen für die UNRWA streicht, denkt er nicht daran, die jährliche Militärhilfe an Israel im Umfang von 3,8 Milliarden Dollar in Zweifel zu ziehen. (Bild: Nabil Mounzer / EPA)

Während Trump die 360 Millionen für die UNRWA streicht, denkt er nicht daran, die jährliche Militärhilfe an Israel im Umfang von 3,8 Milliarden Dollar in Zweifel zu ziehen. (Bild: Nabil Mounzer / EPA)

Der Ärger in Israel über das Hilfswerk der Uno für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) ist verständlich. Nach dem Sieg im Unabhängigkeitskrieg von 1948 und der Vertreibung von über 700 000 Palästinensern soll Israels Gründungsvater David Ben-Gurion gesagt haben: «Die Alten werden sterben, die Jungen werden vergessen.»

Er hat sich geirrt. Die Flüchtlinge sind nicht ausgestorben, sie haben sich vermehrt, und die Kinder und Enkelkinder haben ihre Herkunft keineswegs vergessen. Rund fünf Millionen registrierte Vertriebene leben heute in der Obhut der UNRWA im Gazastreifen und im Westjordanland, aber auch in Jordanien, Syrien und Libanon. Aus den ehemaligen Zeltlagern sind heute ganze Stadtteile geworden.

Die israelische Regierung kritisiert die Vererbung des Flüchtlingsstatus von einer Generation zur nächsten seit langem. Diese sei einzigartig in der Welt, schaffe künstlich Flüchtlinge und verhindere eine Lösung des Nahostkonflikts. Ähnlich äusserte sich im Mai auch Bundesrat Ignazio Cassis: «Durch die Unterstützung der UNRWA halten wir den Konflikt am Leben.» Der Direktor des Uno-Hilfswerks, der Schweizer Pierre Krähenbühl, wies den Vorwurf am Samstag in einem offenen Brief zurück. Auch Flüchtlinge in Afghanistan, im Sudan oder in Somalia müssten seit Jahrzehnten eine Vertreibung erdulden.

«Ihre Kinder und Enkelkinder werden auf gleiche Weise als Flüchtlinge anerkannt und unterstützt.» Abgesehen von der rechtlichen Statusfrage wurde das Flüchtlingsdasein im Falle der Palästinenser jedoch aus politischen Gründen auch ganz praktisch zementiert. Der ehemalige Palästinenserführer Yasir Arafat drängte die arabischen Gastländer dazu, den Mitgliedern seines Volkes die Integration zu erschweren, ihnen wenn möglich die Staatsbürgerschaft und andere Rechte zu verweigern. Denn nur so konnte er mit Nachdruck gegenüber Israel und der Welt ein «Recht auf Rückkehr» einfordern und das Leid der Flüchtlinge als moralisches Druckmittel einsetzen.

Dieses Druckmittel will Israel den Palästinensern nehmen, und der amerikanische Präsident Donald Trump ist bereit, dabei zu helfen. Er hat Washingtons jährliche Beiträge an die UNRWA im Umfang von 360 Millionen Dollar gestrichen, rund ein Drittel des Budgets. Ob dies zur Lösung des Nahostkonflikts beiträgt, ist indes fraglich. Dem Hilfswerk fehlen bis Ende Jahr nach eigenen Angaben 200 Millionen Dollar, um seine Schulen, Spitäler und Essensausgaben zu betreiben. Ein überschaubarer Betrag, für den sich andere Geldgeber finden lassen sollten. Die derzeitigen Schwierigkeiten würden die Entschlossenheit seiner Organisation nur stärken, schreibt Krähenbühl. Ähnlich könnten auch die Palästinenser denken: «Jetzt erst recht.»

Das Rückkehrrecht ist aber letztlich nur ein Hindernis von vielen auf dem Weg zu einem Nahostfrieden. Und im Gegensatz zur Hamas ist die palästinensische Autonomiebehörde von Mahmud Abbas bei entsprechender Gegenleistung durchaus bereit, darüber zu verhandeln. Andere grosse Stolpersteine sind der Siedlungsbau im Westjordanland oder die Aufteilung Jerusalems. Ginge es Trump um eine ausgewogene Lösung, könnte er hier auch Druck auf Israel ausüben. Das Gegenteil ist der Fall.

Ohne israelische Zugeständnisse hat der amerikanische Präsident die Botschaft seines Landes nach Jerusalem verlegt und dieses als Hauptstadt Israels anerkannt. Während Trump die 360 Millionen für die UNRWA streicht, denkt er nicht daran, die jährliche Militärhilfe an Israel im Umfang von 3,8 Milliarden Dollar in Zweifel zu ziehen. Sein Herz schlägt für Israel, und er wünscht sich einen Frieden zu dessen Gunsten.

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