Kommentar

Iran und Saudiarabien betreiben beide Staatsterrorismus

Ein vereitelter Attentatsplan des iranischen Geheimdienstes in Dänemark ruft in Erinnerung, dass nicht nur Saudiarabien auf ausländischem Boden morden lässt. Auch das Regime in Teheran nimmt sich das Recht, seine Gegner in aller Welt zu liquidieren.

Daniel Steinvorth
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Der dänische Aussenminister Anders Samuelsen berichtete bei einer Pressekonferenz am Dienstag über den vereitelten Anschlag (Bild: epa)

Der dänische Aussenminister Anders Samuelsen berichtete bei einer Pressekonferenz am Dienstag über den vereitelten Anschlag (Bild: epa)

Saudiarabien und Iran wetteifern nicht nur um die Vorherrschaft im Nahen Osten. Das islamische Königreich und die Islamische Republik konkurrieren auch um die Gunst der Weltöffentlichkeit. Läuft es schlecht für das Regime in Iran – wird das Land beispielsweise gerade von neuen Protesten erschüttert –, stellt sich Saudiarabien gerne als einen Hort der Ruhe und Stabilität dar. Leidet Saudiarabien unter negativer Presse, wie gegenwärtig im Fall des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi, kann sich wiederum Iran entspannt zurücklehnen. So grausam schilderten türkische Ermittler die Liquidierung des saudiarabischen Regimekritikers, dass die Mullahs in Teheran nichts anderes tun mussten, als in den Chor der Empörten einzustimmen. Dass Iran selber seit Jahrzehnten brutal gegen Oppositionelle vorgeht und Gegner der Islamischen Republik auch im Ausland entführen und ermorden lässt, geriet für einen kurzen Moment in Vergessenheit.

Am Dienstag erinnerte Dänemark die Welt noch einmal daran. Laut dänischen Polizeiangaben hatte der iranische Geheimdienst für Ende September einen Mordanschlag auf dänischem Boden geplant, der rechtzeitig vereitelt werden konnte. Ziel des Attentatsversuchs waren demnach drei Exil-Iraner, die einer Gruppe angehören, die für Autonomie der arabischsprachigen Region Khuzestan im Südwesten Irans kämpft. Ebendiese Gruppe wird von Teheran für den Terroranschlag in Ahvaz vom 22. September verantwortlich gemacht, bei dem 29 Personen starben. Ein Motiv, die Aktivisten zu töten, gäbe es also. Den diplomatischen Vertretern Dänemarks, der Niederlande und Grossbritanniens hatte Irans Führung bereits im September vorgeworfen, «Terroristen» zu beherbergen. Doch natürlich dementiert Teheran die Auftragsmorde und wittert eine neuerliche Verschwörung: Die Beziehungen Irans mit der Europäischen Union sollten untergraben werden.

Die Wortwahl wirkt verräterisch. Handelte es sich demnach auch bei der Ermordung des iranischen Oppositionspolitikers Mola Nissi im November 2017 in Den Haag nur um eine Verschwörung, die ein schlechtes Licht auf die Islamische Republik werfen sollte? Und soll auch der iranische Diplomat Assadollah A., der im Sommer einen Sprengstoffanschlag auf eine Konferenz der Volksmujahedin nahe Paris geplant haben soll, völlig zu Unrecht inhaftiert worden sein? Iraner im Exil weisen seit langem warnend darauf hin, dass das unter Druck geratene Regime in Teheran wieder verstärkt seine Gegner im Ausland ausspäht und auch vor Morden nicht zurückschreckt. Dunkle Erinnerungen werden wach an das «Mykonos-Attentat» vor 26 Jahren, bei dem ein Killerkommando ein griechisches Restaurant in Berlin stürmte und vier iranisch-kurdische Politiker erschoss.

Auch Saudiarabien sprach zuletzt von einer «Verschwörung» und leugnete über Wochen den Mord an Khashoggi. Im Unterschied zu Iran kann sich das Königreich jedoch auf gute Beziehungen zum Westen berufen. Die katastrophale Lage der Menschenrechte in beiden Ländern, ihre aggressive Aussenpolitik und die Skrupellosigkeit, Dissidenten auch im Ausland zu verfolgen, sieht man Riad, dem «strategischen Partner», daher noch eher nach, und es spricht viel dafür, dass auch über die Khashoggi-Affäre Gras wachsen wird. Iran wiederum, das seine nicht minder menschenverachtende Politik der «westlichen Heuchelei» gegenüberstellt, hat kein Recht, sich als moralisch überlegen darzustellen. Die schlichte Wahrheit ist, dass Iran seinem Erzfeind in Sachen Repression und Staatsterror die Hand reichen kann.

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