Serbien und Ungarn:Zweck und Mittel

Wer demonstriert, tut das für einen guten Zweck.

Von Peter Münch

Die Protestplakate gleichen sich und auch die schrillen Töne der Trillerpfeifen. In Belgrad und in Budapest gehen in diesem Winter Zehntausende auf die Straße, und bei allen Unterschieden zwischen beiden Ländern ist auch der Auslöser der Wut sehr ähnlich: In Serbien wie in Ungarn demonstrieren die Menschen gegen den zunehmend autoritären Kurs ihrer Regierungen. Das ist eine gute Nachricht, denn die Demonstranten pochen auf die europäischen Werte der Freiheit und der Demokratie.

Tatsächlich sind der serbische Präsident Aleksandar Vučić und Ungarns Premier Viktor Orbán in vielem Brüder im Geiste. Sie nutzen ihre Macht, um die Medien unter Kontrolle zu bringen, die Gewaltenteilung auszuhebeln und ein System der Günstlingswirtschaft zu errichten. Doch das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit: Beide nämlich stehen bei ihren Angriffen auf die Demokratie unter dem Schutz der Europäischen Volkspartei.

Orbáns Fidesz zählt im EU-Parlament zur EVP-Fraktion, Vučićs Serbische Fortschrittspartei ist assoziiertes EVP-Mitglied. Orbán wird zur Mehrheitsbeschaffung gebraucht, Vučić soll Serbien in die EU führen. Doch wenn dabei der Zweck fast alle Mittel heiligt, verrät die EVP nicht nur die eigenen Ideale. Sie verrät auch all jene, die in Belgrad und Budapest auf die Straße gehen.

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