Zwei junge Demonstranten liegen erschöpft auf der Strasse in Caracas. (Bild: Marco Bello / Getty Images)

Zwei junge Demonstranten liegen erschöpft auf der Strasse in Caracas. (Bild: Marco Bello / Getty Images)

Kommentar

Es ist Zeit zu gehen, Herr Maduro

Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro malt das Gespenst eines Bürgerkriegs an die Wand. Das zeigt nur, dass er bereit ist, sein Volk noch tiefer ins Unglück zu stürzen.

Werner J. Marti
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Der chavistische Präsident Nicolás Maduro hat am Wochenende in einem Interview mit dem spanischen Fernsehsender La Sexta unverhüllt mit einem Bürgerkrieg in Venezuela gedroht. Niemand könne sagen, wie gross die Wahrscheinlichkeit dafür sei, meinte er. Alles hänge vom Grad der Verrücktheit und der Aggressivität der USA und von deren westlichen Verbündeten ab.

Einen Bürgerkrieg kann es in der gegenwärtigen Situation in Venezuela nur geben, wenn sich ein Teil der Armee oder der chavistischen Milizen auf die Seite von Interimspräsident Juan Guaidó schlägt. Denn die Chavisten verfügen über das Waffenmonopol, die Opposition ist nicht bewaffnet. Maduros Aussagen müssen also dahingehend interpretiert werden, dass er das Volk noch tiefer ins Unglück zu stürzen bereit wäre, sollten ihm Teile der Armee die Gefolgschaft verweigern. In dieser Situation hinge die Frage eines Bürgerkriegs von niemandem anders als ihm selbst ab. Er allein müsste dann entscheiden, ob er zurücktritt oder seine auf illegitime Wahlen abgestützte Präsidentschaft auch noch mit brutaler militärischer Gewalt verteidigt.

Maduros Leistungsausweis ist so beschämend, dass allein dieser für einen halbwegs anständigen Politiker Grund genug wäre, freiwillig zurückzutreten. (Bild: Manaure Quintero / Reuters)

Maduros Leistungsausweis ist so beschämend, dass allein dieser für einen halbwegs anständigen Politiker Grund genug wäre, freiwillig zurückzutreten. (Bild: Manaure Quintero / Reuters)

Dabei ist Maduros Leistungsausweis so beschämend, dass allein dieser für einen halbwegs anständigen Politiker Grund genug wäre, freiwillig zurückzutreten. Er hat das bereits von Hugo Chávez autoritär geführte Venezuela in den letzten sechs Jahren in eine veritable Diktatur verwandelt. Ab 2016 hat er die Opposition vom politischen Wettbewerb weitgehend ausgeschlossen (nachdem diese eine freie Parlamentswahl mit überwältigender Mehrheit gewonnen hatte). Für viele Venezolaner noch schlimmer dürfte der Umstand sein, dass Maduro nicht einmal in der Lage ist, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung an Nahrungsmitteln und Gesundheitsversorgung zu decken – und das in dem Land, das über die grössten bekannten Erdölreserven der Welt verfügt. Unter einer Diktatur zu leben, ist eines, wegen der Unfähigkeit des Diktators auch noch hungern zu müssen, ist nochmals etwas ganz anderes. Rund zehn Prozent der Bevölkerung haben deswegen das Land in den letzten Jahren verlassen.

Nicht nur Maduro, auch viele Linke weltweit wittern bereits wieder das Gespenst des amerikanischen Imperialismus hinter den jüngsten Ereignissen. Doch die gegenwärtigen Vorgänge sind nicht vergleichbar mit US-Interventionen im letzten Jahrhundert, die demokratisch gewählte Regierungen – wie etwa Jacobo Arbenz 1954 in Guatemala – gestürzt hatten. Die Unterschiede sind augenfällig: Erstens kann sich Guaidó auf die Verfassung stützen. Beim Fehlen eines legitimen Präsidenten muss der Parlamentspräsident als Interimspräsident neue Wahlen durchführen. Guaidó ist zudem der höchste amtierende Politiker, der durch demokratische Wahlen ins Amt kam.

Maduros Regierung ist nicht einmal in der Lage ist, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung an Nahrungsmitteln und Gesundheitsversorgung zu decken. (Bild: Andres Martinez Casares / Reuters)

Maduros Regierung ist nicht einmal in der Lage ist, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung an Nahrungsmitteln und Gesundheitsversorgung zu decken. (Bild: Andres Martinez Casares / Reuters)

Zweitens handelt es sich diesmal nicht um einen Einzelgang der Amerikaner. Guaidó wird von den meisten Demokratien Nord- und Südamerikas und inzwischen auch von den einflussreichsten europäischen Staaten anerkannt. Drittens wurden bis jetzt von aussen keine militärischen Mittel eingesetzt. Die Politik von Präsident Trump lässt auch keinen grösseren militärischen Einsatz in Venezuela erwarten, sondern allenfalls Kommandoaktionen. Vielmehr hat sich gezeigt, dass die Venezolaner sich ihrer Hungerdiktatur nicht aus eigener Kraft entledigen können, solange sich alle Waffen auf der Seite Maduros befinden. Sie sind auf den Druck der demokratischen Länder angewiesen, wenn sie wieder Hoffnung für die Zukunft haben wollen. Herr Maduro, treten Sie ab und ersparen Sie dem venezolanischen Volk weiteres Leid!

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