Über die Idee, die USA könnten Grönland kaufen, wurde schon 1868 herzlich gelacht. Und damals waren solche Deals nicht einmal so absurd wie in diesen Tagen, da Donald Trump sein Interesse an der Insel womöglich ernst meint – wenn man denn glauben möchte, dass der US-Präsident seinen Dänemark-Besuch verschoben hat, weil die dänische Regierung nicht darüber sprechen will.

1867, ein Jahr zuvor, haben die Vereinigten Staaten Alaska von Russland erworben. Island und Grönland wären da doch "eine ernsthafte Betrachtung" wert, meinte damals der Bergbauingenieur Benjamin M. Pierce. Dessen Bericht über die Ressourcen der beiden Regionen löste im US-Senat aber vor allem Erheiterung aus. 1946 machte James Byrnes, Außenminister unter Harry S. Truman, den Dänen dann ein Angebot: 100 Millionen Dollar für Grönland (zuvor war ein Tauschgeschäft gegen einen Teil Alaskas überlegt worden, das seinerzeit 7,2 Millionen gekostet hatte, ein Schnäppchen). Auch daraus wurde nichts.

Nun also Trump, der noch am Sonntag behauptet hatte, das Thema habe für seine Regierung nicht oberste Priorität. Ein Kauf sei aber "sicherlich strategisch interessant" – "im Grunde ein großes Immobiliengeschäft". Als zuerst über sein mögliches Interesse an der Insel nordöstlich von Kanada berichtet wurde, ließ sich das noch mit dem üblichen Kopfschütteln quittieren: Was soll der Quatsch? Na ja, wieder so ein schräger Einfall, der deutlich macht, wie Trump über die Welt denkt. Wie damals eben, als man sich noch vieles einfach kaufen konnte. Noch einmal Historisches: 1917 trat Dänemark die Westindischen Inseln (heute Virgin Islands) für 25 Millionen Dollar an die USA ab. Aber wir haben 2019.

Oder gleich Hongkong von den Chinesen kaufen?

Müssen wir jetzt trotzdem humorlos durchspielen, wie das ablaufen würde? Darf der das? Und was brächte es den USA? Will Trump an die Bodenschätze unter dem Eis, das der Klimawandel langsam abträgt? Soll da militärisch mehr passieren als die eine US-Basis, die Teil eines Raketenfrühwarnsystems ist? Und wenn die Dänen die heute autonom regierte Insel nicht verkaufen wollen, holt der Präsident dann wieder die Zollkeule raus oder würde er sogar die Armee einmarschieren lassen? Ach, und woher soll das Geld kommen, wenn die Kongressabgeordneten doch die Hoheit über den Haushalt haben? Viele übertriebene Fragen, mit denen man Trump auf den Leim geht. Fehlt nur noch die Diskussion, ob es nicht besser wäre, Hongkong von den Chinesen zu kaufen, um dort die Demokratie zu sichern.

Trump wäre auf Einladung der dänischen Königin zum Staatsbesuch gekommen. Das nun überraschend wieder auszuschlagen, ist ein ausgewachsener diplomatischer Affront, eine majestätische Beleidigung. Der dänische Palast spricht dagegen vornehm von einer "Überraschung". Doch dass der US-Präsident wirklich seine Reisepläne geändert hat, weil man in Kopenhagen nicht über einen Verkauf Grönlands sprechen will, ist doch eher unwahrscheinlich. Sicher, ihm würde ein solcher Deal gefallen, schon um seine Macht zu demonstrieren. Aber das Geschäft, wenn man es überhaupt so nennen will, hat nun mal keinerlei Aussicht auf Erfolg, das wird auch Trump klar sein. Er wird trotzdem nichts dagegen haben, wenn es so aussieht: Dänemark will nicht so wie ich, dann fliege ich da eben nicht hin, das haben sie davon.

"Ich verspreche, das Grönland nicht anzutun!"

Trump hat Spaß an solchen Spielchen auf Kosten der Kleinen, die ihn bei seiner Zielgruppe ins rechte Licht setzen und von allerlei unvorteilhaften Themen ablenken, von Konjunktur bis Handelsstreit. Zuletzt hatte er selbst noch ein Bild getwittert, auf dem ein goldig leuchtendes Trump-Hotel ins Inselidyll montiert war: "Ich verspreche, das Grönland nicht anzutun!" Wenn das alles nicht so arrogant und dreist wäre, es könnte fast lustig sein. In Dänemark konnten sie darüber schon früh nicht mehr lachen, für den Besuch waren Proteste angekündigt, Politiker nannten Trumps Gebaren "absurd" oder "verrückt", Forderungen kamen auf: Ladet ihn wieder aus! Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen sagte nach der Absage, sie sei enttäuscht und überrascht, wolle aber den so wichtigen Dialog mit den USA weiterführen. Die Einladung zu einer stärkeren strategischen Kooperation in der Arktis bleibe bestehen. Frederiksen wiederholte auch: Grönland steht nicht zum Verkauf.

Die Beziehung der beiden Länder (eigentlich Verbündete, Nato-Partner, Freunde sogar) dürfte eine Weile beschädigt bleiben, aber das wird schon wieder. Die Kosten und der Aufwand für die Vorbereitung des Besuchs waren für die Katz. Immerhin, Kopenhagen kann zur Ruhe kommen und das Land sich auf einen tatsächlich willkommenen Gast vorbereiten: Für Ende September hat sich Barack Obama angekündigt. Die Spekulation einiger US-Journalisten, das könne der wahre Grund für Trumps Rückzieher sein, entbehrt nicht einer gewissen Logik. Seine berechtigte Angst wäre demnach gewesen, gut drei Wochen später von seinem Amtsvorgänger übertrumpft zu werden – mit einer sichtbar größeren, jubelnden Menschenmenge in der Stadt.