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Plötzlich kündigt Putin eine Revolution an

«Die demokratischen Mechanismen sind unter Putins Herrschaft systematisch demontiert worden»: Dmitri Medwedew mit Wladimir Putin im Hintergrund. Foto: Keystone

Seit 20 Jahren ist Wladimir Putin an der Macht. Vor noch nicht einmal zwei Jahren wurde er triumphal zum vierten Mal Präsident. Doch nun hat der Kreml-Chef die Wachablösung eingeläutet, obwohl seine Amtszeit erst 2024 endet. Dass er dann einfach geht, kann man sich fast nicht vorstellen. Eine Variante wäre gewesen, den Verfassungsartikel zu kippen, der ihm eine weitere Amtszeit verbietet. Aber jetzt hat Putin einen völlig anderen und für Russland geradezu revolutionären Plan präsentiert: Die absolute Macht soll vom Präsidenten an den Premier und das Parlament übergehen.

Bisher hatte Putin alles darangesetzt, die Vertikale der Macht zu stärken, wie er das System nennt, das ihn zur obersten Instanz im Land macht. Die Regierung diente ihm allenfalls dazu, unpopuläre Massnahmen wie etwa die Erhöhung des Rentenalters durchzusetzen – und die Prügel dafür einzustecken. Der abtretende Premier Dmitri Medwedew war immer eine schwache Figur, dem die Menschen nichts zutrauten.

«Wladimir Putin geht mit der Verfassungsänderung ein hohes Risiko ein, denn sie wird ihn und ganz Russland schwächen.»

Oberflächlich betrachtet, könnte die Verfassungsänderung einen Schritt zu mehr Demokratie bewirken. Wahrscheinlich ist das allerdings nicht. Die demokratischen Mechanismen sind unter Putins Herrschaft systematisch demontiert worden: Gesellschaft, Parteien oder politische Institutionen sind nicht auf Pluralismus ausgerichtet. Dass der Kreml-Chef seine absolute Macht nun auf mehrere Instanzen verteilt, könnte dem Einfluss der verschiedenen Machtcliquen geschuldet sein, deren Interessen er bisher immer geschickt ausbalanciert hat.

Wladimir Putin geht mit der Verfassungsänderung ein hohes Risiko ein, denn sie wird ihn und ganz Russland schwächen. Das Vertrauen in den Präsidenten ist zwar die letzten Jahre deutlich gesunken, es bleibt aber hoch und bildet das Rückgrat seines Staates. Die Vertrauenswerte in Premier und Regierung sind viel tiefer, und dem Parlament trauen die Russen überhaupt nicht über den Weg. Zudem ist die Frage offen, welche Rolle sich Putin selber bei der ganzen Rochade herausnimmt. Will er in vier Jahren das Amt des mächtigen Premiers übernehmen? Das hat er schon einmal getan. Es ist beim Volk nicht gut angekommen und hat zu den Massendemos geführt. Putin ist kein Mann, der zweimal den gleichen Fehler macht. Das letzte Wort in Sachen Wachablösung dürfte deshalb noch nicht gesprochen sein.