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Timo Lehmann

Sieg über die AfD Die CDU sollte von Haseloff lernen

Timo Lehmann
Ein Kommentar von Timo Lehmann
Zwar ist die AfD in Sachsen-Anhalt noch immer stark, dennoch schaffte es Reiner Haseloff, Wähler zur CDU zurückzuholen. Ausgezahlt hat sich nicht nur seine klare Abgrenzung nach rechts – sondern auch sein konservativer Kurs.
CDU-Chef Armin Laschet und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff

CDU-Chef Armin Laschet und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff

Foto:

MICHAEL KAPPELER / AFP

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Der Sieg des Reiner Haseloff ist auch ein Sieg über die AfD. Was im Osten bisher so schwer für die Christdemokraten erschien, hat er geschafft: Er hat Wähler von der AfD zur Union zurückgeholt. Laut Analysen der Wählerwanderung gehört die AfD neben der SPD zu den Parteien mit den größten Wählerverlusten an die CDU.

Haseloff ist also etwas Verblüffendes gelungen: Nicht nur konnte er Wähler von SPD und Linken überzeugen, besser CDU zu wählen, damit die AfD nicht stärkste Kraft im Bundesland wird (wie realistisch diese Gefahr wirklich war, darüber lässt sich streiten). Er schaffte es sogar, selbst AfD-Anhänger davon zu überzeugen. Gerade mal noch ein Direktmandat konnte die AfD erringen. Die rechte Partei ist zwar mit gut 21 Prozent noch immer stark vertreten, doch sie blieb unter ihrer Erwartung und verlor fast vier Prozent der Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl in Sachsen-Anhalt 2016.

Gelungen ist Haseloff das mit einem konservativen, authentischen Kurs, auch gegen Berlin, auch in Abgrenzung zu den Grünen. Für die ostdeutsche CDU, die sich in den vergangenen Jahren so schwertat, einen richtigen Umgang mit der starken AfD zu finden, dürfte Haseloffs Kurs lehrhaft sein und könnte Schule machen.

Haseloff kopierte nicht die AfD, und doch nahm er ihr bisweilen die Themen weg.

Nur ein paar Beispiele seien hier genannt. In einem Interview mit der »Welt am Sonntag« wetterte er kurz vor der Wahl gegen gendergerechte Sprache: »Wie das geradezu missionarisch durchgedrückt wird, nervt viele Leute, weil es mit den Lebenswelten vieler Menschen nicht mehr das Geringste zu tun hat«, sagte er. »Im Osten definieren sich selbstbewusste Frauen über ihre Leistung und nicht über das Binnen-I.«

Auch gegen die Corona-Bundesnotbremse positionierte sich Haseloff, sah sie als großen Fehler der von der eigenen Partei geführten Bundesregierung an. Bei der Erhöhung der Rundfunkgebühr äußerte Haseloff immer wieder lautstark Kritik. Auch wenn nicht er es war, sondern seine Landtagsfraktion, die sich am Ende stur dagegenstellte, Haseloff selbst war auch nicht überzeugt von der Erhöhung und prangerte Fehlentwicklungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk an.

Man muss Haseloffs Meinungen nicht teilen, aber sie sind auch nicht rechts. Wer sich gegen den Genderstern ausspricht, ist kein homophober Frauenfeind. Wer die Erhöhung der Rundfunkgebühr für falsch hält, will nicht gleich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen – und wer die Corona-Bundesbremse als undurchdacht kritisiert, ist kein Coronaleugner.

Eine Stimme für eine CDU mit diesen Positionen ist allemal besser als jede weitere Stimme für die rechtsradikale AfD Sachsen-Anhalt mit ihrem Rassismus und ihrer immer wieder deutlich werdenden Nähe zum historischen Faschismus.

Konservativ, ja! Zusammenarbeit mit der AfD, nein!

Und auch dafür steht Haseloff: Als die CDU Ende 2020 Gefahr lief, im Landesparlament mit der AfD gemeinsam gegen die Rundfunkgebühr zu stimmen, verhinderte der Ministerpräsident, dass es überhaupt zu einer Abstimmung im Landtag kam. Als sein Innenminister Holger Stahlknecht über eine Minderheitsregierung sinnierte, die eine Zusammenarbeit mit der AfD wahrscheinlicher gemacht hätte, warf der Regierungschef ihn kurzerhand aus seinem Kabinett. Haseloff bewies Rückgrat.

Konservativ, ja. Zusammenarbeit mit der extremen Rechten, um konservative Positionen auch durchzusetzen, auf keinen Fall. Mit dieser Kombination kann die CDU im Osten wieder Wahlen deutlich für sich entscheiden – und der AfD endlich Stimmen abjagen.