Italien:Spiel mit der Flamme

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Moderat sind Giorgia Melonis Fratelli d'Italia nur im Bekenntnis. Das neue Parteisymbol der Postfaschisten ist das alte.

Kommentar von Oliver Meiler, Rom

Giorgia Meloni hat eine sonderbare Vorstellung davon, wie sich das besorgte Ausland beruhigen lässt. Die Chefin von Italiens Postfaschisten, Umfragestar vor den Wahlen vom 25. September, wiederholt zwar seit einiger Zeit, Italien bleibe der Nato treu, wenn sie an die Macht kommen würde. Im Krieg werde man auch weiterhin an der Seite der Ukraine stehen, und aus der europäischen Währungsunion werde Italien nicht austreten. Der Vorwurf des Restfaschismus in ihren Reihen? Alles Quatsch! Den Faschismus habe die italienische Rechte vor Jahrzehnten schon entsorgt, sagte sie in einer Videoaufnahme. Und immerhin: Es war das erste Mal, dass man Meloni so reden hörte.

Die Frage aber ist: Kann man ihr glauben? Moderat sind ihre Fratelli d'Italia nur im Bekenntnis. Tatsächlich fordern sie aber zum Beispiel eine Seeblockade gegen Migranten. Dass sie dem Faschismus abschwören, kommt perfekt getimt zu den Wahlen. Die Botschaft wirkt deshalb opportunistisch. Nun stellte sie das Parteisymbol vor, und siehe da: Es ist das alte. Sie beharrt also auf der trikoloren Flamme auf dem schwarzen Balken. Das Feuer steht für den Geist Benito Mussolinis, der dünne Balken stilisiert den Sarg des Duce. So jedenfalls deutet Italien dieses Emblem, seit 1946 schon. Offenbar wollte Meloni die Nostalgiker in ihrer Wählerschaft nicht vergraulen. Sie sagte auch, sie sei stolz auf das Symbol.

Niemand behauptet, Meloni sei eine Faschistin. Aber sie spielt mit dem Erbe des Faschismus, weil es traurigerweise einen Markt hat. Vor jeder Wahl sucht sie nach Nachfahren Mussolinis, die mit ihrem Namen für ihre Partei strahlen: zuletzt Rachele Mussolini, davor Caio Giulio Cesare Mussolini. Den 25. April, die Befreiung Italiens von den Nazis und den Faschisten, feiert sie nie und lässt es alle wissen. Und wenn sie sagt, sie sei stolz auf das Symbol mit der Flamme, verhallen eben auch die schönsten Worte der Besänftigung.

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