Umfrage über den Holocaust :
Ohne Werte besteht die Gefahr der Wiederholung

Reinhard Müller
Ein Kommentar von Reinhard Müller
Lesezeit: 1 Min.
Nach der Befreiung von Auschwitz im Januar 1945
Das Wissen über das Menschheitsverbrechen schwindet. Aber Wissensvermittlung reicht nicht.

Es ist unausweichlich, dass sich das Wissen über historische Ereignisse im Lauf der Zeit verändert. Das hat nicht nur mit dem natürlichen Ende der Zeitzeugenschaft zu tun, sondern auch mit der Quellenlage, mit Erinnerungskultur und Geschichtspolitik.

Es ist dabei nicht zwingend, dass die Bedeutung eines Geschehens im Lauf der Zeit immer weiter abnimmt. Jede Generation übernimmt ein Erbe, hat es aber auch in der Hand, wie sie damit umgeht. Das gilt auch für das in seiner Ungeheuerlichkeit immer noch kaum fassbare Menschheitsverbrechen des Holocausts.

Würde, Freiheit und Gleichheit

Die Wissenslücken, die jetzt in einer Umfrage in den Niederlanden zutage traten, sind bedrückend. Fast ein Viertel der Befragten hält den Völkermord für erfunden oder dessen Darstellung für übertrieben. Mehr als die Hälfte sehen keinen Bezug des eigenen Landes zum Holocaust. Das alles ist so, obwohl Zeugen noch leben und an offiziellem Gedenken, schulischer wie medialer Vermittlung, kein Mangel herrscht. Da muss man sich Gedanken über Art und Inhalt der Vermittlung machen.

Entscheidend bleibt, und das gilt für jeden Staat, der aus seiner Geschichte lernen will, einerseits die Kenntnis, wie es dazu kommen konnte und was alles möglich ist. Ohne aber die Verinnerlichung von Werten wie der Würde jedes einzelnen Menschen, seiner Freiheit und der Gleichheit vor dem Gesetz besteht Wiederholungsgefahr.