Wladimir Putin hat für seine politischen Ziele eine Welle des Judenhasses losgetreten, die Russland seit Jahrzehnten nicht erlebt hat. Gewaltbereite Antisemiten im Land fühlen sich bestätigt. Der Sturm auf den Flughafen in Dagestan zeigt, wozu die Hetze führen kann.
Moskaus nächste antisemitische Kampagne war nur eine Frage der Zeit. Jetzt scheint sie gekommen zu sein. Wladimir Putin hetzt gegen den jüdischen Präsidenten der Ukraine, wo seine Armee einen brutalen Krieg führt, und erklärt ihn zum Nazi-Kollaborateur.
Anzeige
Der Mann im Kreml macht seinen ehemaligen Top-Berater Anatoli Tschubais, der nach Israel ausgewandert ist, zu einer antisemitischen Karikatur – dieser habe sich in einen „Moische Israilewitsch“ verwandelt.
Das Vorgehen Israels im Gaza-Streifen vergleicht Putin mit der Nazi-Blockade Leningrads, die mehr als eine Million Menschen das Leben kostete. Seine treuen Propagandisten legen Listen von Juden an, die der russische Staat als „ausländische Agenten“ führt. Und die gewaltbereiten Antisemiten im Land fühlen sich bestätigt.
Noch vor wenigen Jahren schien die Gefahr für Juden in Russland von russisch-orthodoxen Eiferern auszugehen, die glauben, die Ermordung der Zarenfamilie sei ein „jüdischer Ritualmord“ gewesen. Die Männer in Dagestan sind viel weiter. Sie besorgen sich Palästina-Fahnen, rufen „Allahu Akbar“ und stürmen den Flughafen auf der Suche nach den „Yahuds“.
Tief sitzender Antisemitismus des russischen Staates
Ob einheimische Juden oder Besucher aus Israel dabei verletzt wurden, ist bislang nicht bekannt. Fest steht: In Dagestan mischte sich islamisch geprägter Antisemitismus mit dem tief sitzenden Antisemitismus des russischen Staates, der immer abrufbar ist. Aus Sicht des Kreml sind Juden wieder dabei, eine illoyale Minderheit zu werden, Aufwiegler, Oppositionelle, Feinde Russlands.
Ob der Mann im Kreml nun selbst Antisemit ist oder nicht, die Frage ist unerheblich. Es zählt, was er tut. Für seine politischen Ziele hat er eine Welle des Judenhasses losgetreten, die Russland seit Jahrzehnten nicht erlebt hat.
Schon im vergangenen Jahr legte der Oberrabbiner von Moskau Pinchas Goldschmidt sein Amt nieder und flüchtete aus dem Land. Die russischen Juden rief er zur Auswanderung auf. Da kann man ihm nur beipflichten. Es ist wieder so weit – Russland ist für Juden gefährlich geworden.