Kroatien: Tätliche Angriffe, politischer und juristischer Druck

Von 2018 auf 2019 hat sich Kroatien auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen um fünf Plätze verbessert. Seitdem stagniert es auf Rang 64, weit hinter anderen europäischen Ländern. Nachbar Slowenien belegt immerhin Platz 34. Kroatische Journalisten müssen sich vor allem gegen Druck aus der Politik und Verleumdungsvorwürfe wehren.

Im März 2019 demonstrierten Medienmacher in Zagreb gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk HRT, der unliebsame Journalisten verklagt.
Im März 2019 demonstrierten Medienmacher in Zagreb gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk HRT, der unliebsame Journalisten verklagt.
Reporter ohne Grenzen beklagt schon seit dem Amtsantritt der konservativen Regierung 2016, dass regierungsnahe Interessensgruppen immer wieder versuchen, direkt redaktionelle Inhalte und die interne Organisation des Staatssenders HRT zu beeinflussen. Dieser zeigt sich alles andere als loyal gegenüber seinen Angestellten und verklagte Journalisten, die auf Unregelmäßigkeiten innerhalb des Senders hingewiesen hatten.

Staatliche Kontrolle der Presse reicht in Kroatien bis in die 1990er Jahre zurück, als vor allem während des Kriegs sowie nach der Privatisierung der Medien die meisten großen Printmedien und HRT unter Einfluss, Manipulation und Kontrolle staatlicher Institutionen standen.

Klima der Angst und Selbstzensur

Ein weiteres gängiges Instrument, um kritische Berichte zu unterbinden, sind Drohungen und Angriffe sowohl im realen als auch im virtuellen Raum. Denen sind besonders Journalisten ausgesetzt, die über Themen wie Korruption, Kriegsverbrechen oder organisierte Kriminalität berichten.

Auch auf juristischem Weg wird versucht, Medienschaffende einzuschüchtern: Das Verleumdungsgesetz, das die Beleidigung der Republik, ihrer Symbole, der Nationalhymne oder Flagge mit einer Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren belegt, ist noch in Kraft. Der Straftatbestand der "Bloßstellung" wurde zwar 2019 abgeschafft, doch es häufen sich Privatklagen gegen Journalisten wegen Beleidigung und Diffamierung, oft verbunden mit horrenden Entschädigungssummen. Dadurch wird ein Klima der Angst und Selbstzensur in den Redaktionen geschaffen. Laut Justizministerium wurden in Kroatien in den Jahren 2015 bis 2018 insgesamt 255 Klagen gegen Journalisten wegen Beleidigung, Bloßstellung und Diffamierung erhoben. Rund die Hälfte dieser Prozesse ist noch immer nicht abgeschlossen.

Anfang 2020 wurde zumindest der Tatbestand “Nötigung einer Person, die ihre Arbeit im öffentlichen Interesse oder öffentlichen Dienst verrichtet”, in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Nach Aussagen des Innenministers sollen auch Journalisten dadurch geschützt werden. Das Gesetz sieht für solche Übergriffe Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vor.

Ausländische Medienhäuser dominieren den Markt

Der kroatische Medienmarkt wird von meist großen ausländischen Medienhäusern dominiert, die sich während der politischen Stabilisierung und Demokratisierung des Landes zu Beginn der 2000er Jahre einkauften. Die auflagenstärksten Tageszeitungen werden von der ehemaligen Europapress Holding EPH, heute Hanza Media (Jutarnji List, Slobodna Dalmacija, Globus), sowie von der österreichischen Styria Media Group AG (24 Sata, Večernji List) herausgegeben. Dem deutschen Bertelsmann-Konzern gehören über seine Tochter RTL Hrvatska drei Fernsehsender. Nova TV und Doma TV gehören zur US-amerikanischen United Group. Diese Medienkonzentration führt in dem kleinen Staat zu einer für die Pressefreiheit gefährlichen Nähe zwischen den Medien und dem Staatsapparat, sowie Medien und den zwei großen Parteien HDZ und SDP.

Der Markt der Onlinemedien in Kroatien wird von den großen Medienhäusern dominiert, die dort versuchen ihre Verluste im Printgeschäft zumindest teilweise zu kompensieren. Die privaten Fernsehanstalten bieten auf ihren Internetportalen allgemeine Informationen frei verfügbar an, führen aber verstärkt Bezahlmodelle für den Abruf ihres TV-Angebots ein.

2016 hatte die Regierung die Unterstützung für unabhängige, alternative Medien eingestellt, was deren Macher an die Grenze des Ruins trieb. Trotz wirtschaftlicher Not halten sich Portale wie Forum.tm und Autograf.hr inzwischen aber durch Spenden und EU-Fonds über Wasser. Größere Portale, wie Index.hr und Telegram.hr, sichern sich mit Hilfe von Anzeigen und Marketing eine Unabhängigkeit, die es ihnen ermöglicht, investigativen Journalismus zu betreiben, der zahlreiche Skandale aufgedeckt und mehrere Minister zum Rücktritt gezwungen hat.

Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen):
Platz 64 (2020)

Stand: April 2020
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