Finnland: Gleichberechtigung über die Sprache?

Die finnische Sprache kennt viele eindeutig männliche Berufsbezeichnungen. Die Tageszeitung Aamulehti will diese nun nicht mehr verwenden, weil sie nach Meinung der Redaktion Frauen sprachlich diskriminieren. Was in Finnland vor allem die Gegner dieser Neuerung zu hitzigen Ausbrüchen veranlasste, findet bei Journalisten des Landes großes Lob.

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Aamulehti (FI) /

Wortwahl lenkt unser Denken

Es sind die kleinen Schritte, die zum Wandel führen, begründet Aamulehti die Entscheidung, künftig keine geschlechtsspezifischen Berufsbezeichnungen mehr zu verwenden:

„Vielen mag das unbedeutend erscheinen und die Kritik ist verständlich, denn die Probleme beim Thema Gleichberechtigung betreffen mehr als nur ein paar Berufstitel. Wir wollen aber dennoch auf das Problem aufmerksam machen, denn Wandel besteht aus verschiedenen Elementen. Sprache ist ein Mittel, die Welt zu ordnen. Sie bestimmt das Denken und steuert menschliche Auffassungen auch in unbeabsichtigte Richtungen. Zeitungsartikel dürfen nicht die Vorstellung davon verstärken, dass ein Beruf oder eine Tätigkeit besonders männlich oder weiblich ist.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Ein Schritt zu mehr Gleichberechtigung

Auch Helsingin Sanomat sieht gute Gründe für die Initiative:

„In Finnland herrscht vielfach Gleichberechtigung, teils sind wir sogar Vorreiter. Doch auch bei uns gibt es noch viele Einstellungen in Bezug auf Geschlechterrollen, die verändert werden könnten. Zum Beispiel ist der Arbeitsmarkt in Finnland im Vergleich zu vielen anderen EU-Ländern ausgesprochen stark in männliche und weibliche Branchen unterteilt. … Die geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation ist ein wesentlicher Grund für die Gehaltsunterschiede von Männern und Frauen. Die Vorstellung von geschlechtstypischen Berufen reift in der Schule, zu Hause und auch durch die Sprache. … Wenn es gelingt, durch Anpassung der Berufsbezeichnungen an die heutige Zeit auch Einstellungen ein wenig zu verändern, so wäre dies ein einfacher Schritt zu mehr Gleichberechtigung.“