War Mattarellas Veto richtig?
Die Entscheidung des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella, den umstrittenen Ökonom Paolo Savona als Finanzminister abzulehnen, wird in Europas Medien weiterhin hitzig diskutiert. Die einen glauben, dass er Italien vor einem Absturz an den Finanzmärkten bewahrt hat. Andere fürchten, dass er Öl ins Feuer der Populisten gegossen hat, die nicht von ungefähr immer stärker werden.
Präsident macht die Populisten noch stärker
Der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung die Regierungsbildung zu verweigern, könnte sich als Schuss nach hinten erweisen, fürchtet Financial Times:
„Indem Sergio Mattarella nach dem Zusammenbruch der Koalition eilig einen weiteren ungewählten Technokraten interimistisch zum Regierungschef bestellte, beflügelte der Präsident die Anti-Establishment-Parteien. Diese besaßen mit ihrer Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments ein starkes Mandat zur Bildung einer Regierung. Jetzt können sie mit dem durchaus überzeugenden Argument in die Neuwahl gehen, dass sich die italienische Elite nicht nur dem Druck Europas gebeugt hat - auf Kosten des wirtschaftlichen Wachstums in Italien -, sondern auch die Demokratie selbst unterwandert.“
Mattarella schützt die italienischen Steuerzahler
Gemäß Verfassung hat Präsident Mattarella das Recht, den Finanzminister abzulehnen, leitet der Journalist Kostas Giannakidis in Protagon seinen Kommentar ein und fährt dann fort:
„Ist das gut oder schlecht, richtig oder falsch? Das ist eine andere Debatte. Der italienische Präsident bezog sich auf das Interesse des Landes, das untergraben wird, sowie die Position des Landes in Europa. Doch es gibt noch etwas viel Einfacheres, Greifbareres und Verständlicheres: die finanziellen Kosten all dieser populistischen politischen Akrobatik. Indem Mattarella den euroskeptischen populistischen Minister ablehnt, schützt er die Taschen und Zinsen des italienischen Steuerzahlers vor den nervösen Reaktionen der Märkte. Oh ja, ich verstehe und stimme Ihnen zu: Die Völker dürfen nicht von den Märkten regiert werden. Gutes Argument, aber dies ist nur in Nordkorea möglich.“
Europa ist vom Weg abgekommen
Wie Europa in die Legitimitätskrise geraten konnte, erläutert der Milliardär und Mäzen George Soros in hvg:
„Seit der Wirtschaftskrise 2008 scheint es, als ob Europa vom Weg abgekommen ist. Es hat sich für ein Programm der Restriktionen entschieden, das zur Eurokrise geführt und die Eurozone in Kreditgeber und Schuldner aufgeteilt hat. Erstere haben Bedingungen aufgestellt, die Letztere nicht erfüllen konnten. Das war keine freiwillige und gleichberechtigte Gemeinschaft mehr - sondern vielmehr das Gegenteil von dem, worauf die EU aufbaut. Mit dem Ergebnis, dass die EU für viele junge Menschen jetzt der Gegner ist, der ihnen ihre Arbeit und eine sichere Zukunft genommen hat. Auf dieses Gefühl setzen die populistischen Politiker, die EU-feindlichen Parteien und Bewegungen wurden darauf aufgebaut.“