Tschechien hat Nachholbedarf bei LGBTI-Rechten
In Prag hat am vergangenen Wochenende zum neunten Mal eine Pride Parade stattgefunden. Aktivisten erinnerten daran, dass die Liberalisierung der tschechischen Gesellschaft und der Abbau von Stigmatisierungen gegen LGBTI-Personen seit ein paar Jahren stagnieren. Kommentatoren ergründen die Ursachen dafür.
Liberale Tschechen haben konservative Regierung
Die Politik scheint dem Stimmungswandel der Tschechen hinterherzuhinken, beobachtet Hospodářské noviny und verweist auf die Ergebnisse jüngster Umfragen:
„Drei Fünftel der Menschen in Tschechien sind dafür, dass auch Schwule und Lesben heiraten können. Damit scheint die tschechische Gesellschaft liberal und offen zu sein. Wenig damit vereinbar aber ist, wenn eine frühere Ministerin öffentlich erklärt: 'Die Homosexualität ist ein Unglück, das sich keine Familie für ihre Kinder wünscht.' Ein normaler Mensch würde es als Unglück bezeichnen, wenn sein Kind stirbt oder an einer unheilbaren Krankheit leidet. ... Registrierte Partnerschaften sind seit 2006 möglich. Doch erst 2016 ermöglichte das Verfassungsgericht die Adoption von Kindern für solche Verbindungen. Und das Gesetz über homosexuelle Ehen liegt seit über einem Jahr im Parlament.“
Kirche darf nicht hetzen
Bedauerlich findet Denik N insbesondere das Verhalten der katholischen Kirche:
„Eine aggressive Rhetorik unterstützt ein aggressives Verhalten. ... Mit dem Anwachsen homophober Äußerungen von Politikern und Kirchenmännern wächst die Aggressivität Einzelner. Im Netz wird mittlerweile dazu aufgerufen, Menschen mit anderer sexueller Orientierung zu liquidieren. ... Hier muss vor allem die katholische Kirche manche Aussagen überdenken. Getreu den Worten des Johannes-Evangeliums: 'Am Anfang war das Wort.'“