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  Afghanistan

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Unter der Taliban-Führungsriege scheint Streit zwischen dem "moderateren" Flügel und den Hardlinern ausgebrochen zu sein: Vizeregierungschef Abdul Ghani Baradar, eigentlich die Nummer Zwei der Islamisten-Bewegung, war mehrere Tage von der Bildfläche verschwunden. Gerüchte über seinen Tod oder seine Flucht gingen um - ob die Dementis der Taliban glaubwürdig sind, ist noch offen.

Entgegen ihrer Versprechen haben die Taliban die Übergangsregierung in Afghanistan ausschließlich mit Personen aus den eigenen Reihen besetzt. Sicherheitsrelevante Ressorts gingen an extrem dschihadorientierte Taliban, der Innenminister ist ein gesuchter Terrorist. Die große Besorgnis der Weltöffentlichkeit spiegelt sich in den Kommentarspalten.

Die Taliban haben nach eigenen Angaben auch Pandschir erobert - die einzige afghanische Provinz, die bisher noch von Widerstandskämpfern gehalten wurde. Kämpfer posierten schwer bewaffnet vor dem Sitz des Gouverneurs. Die Widerstandsfront NRF widersprach. Unterdessen ernannten die Taliban erste Minister für eine neue Regierung. Dennoch sehen nicht alle Kommentatoren den Widerstand gebrochen.

Die EU-Innenminister haben sich in ihrer Sondersitzung letzte Woche nicht auf verbindliche Aufnahmekontingente für Schutzsuchende aus Afghanistan geeinigt. Die EU-Kommission hatte das gefordert, scheiterte jedoch am Widerstand von unter anderem Österreich, Ungarn, Dänemark und Slowenien. Stattdessen sollen Afghanistans Nachbarländer Geld für die Aufnahme bekommen. Europas Presse ist weitgehend empört.

20 Jahre hat der Nato-Einsatz in Afghanistan gedauert. Nun gilt die Strategie eines militärisch gestützten Aufbaus demokratischer Staatlichkeit den meisten Experten als gescheitert. Mehr als 3.500 Soldatinnen und Soldaten der Nato und ihrer Verbündeten verloren am Hindukusch ihr Leben. Während einige Kommentatoren nur noch Lehren aus dem Scheitern ziehen wollen, sehen andere durchaus ein Zuviel an Selbstkritik.

Die USA haben ihren Einsatz in Afghanistan abgeschlossen: Am frühen Dienstagmorgen verließen die letzten Truppen Kabul. Europas Presse fragt sich nun, wie das Evakuierungs-Chaos der letzten Tage und das Scheitern der Intervention insgesamt zu bewerten sind - im Bezug auf die US-Strategie und die Rolle Europas. Einen Rückzug Amerikas von der Weltbühne sehen einige, nur eine Neuausrichtung andere.

Wenige Tage nach dem endgültigen Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan setzen die Taliban trotz humanitärer Probleme und düsterer Wirtschaftsprognosen ihre Machtübernahme fort. Nach dem heutigen Freitagsgebet soll die neue Regierung vorgestellt werden. Peking kündigte bereits an, die Beziehung zu Kabul weiter auszubauen. Für Kommentatoren ist die Frage der künftigen Finanzquellen der Taliban entscheidend.

Vor knapp einer Woche ist das Ultimatum der Taliban zur Evakuierung der westlichen Kräfte aus Afghanistan abgelaufen. Nun haben sich die 27 EU-Außenminister auf gemeinsame "Prüfsteine" für die erwartete Regierung in Kabul geeinigt. Wenn die erfüllt würden, könne Geld fließen. Während sich einige Kommentatoren verwundert die Augen reiben, machen andere klar, wie die Prüfsteine aussehen sollten.

Mindestens 85 Tote und 150 Verletzte - das ist die vorläufige Bilanz der verheerenden Terroranschläge in Kabul. Zu den Attacken bekannte sich die IS-Terrormiliz, die in Afghanistan unabhängig von den Taliban agiert und für eine noch extremere Auslegung des Islam eintritt. Welche Auswirkungen die Ereignisse auf die Evakuierungsmission haben und was sie über die Machtverhältnisse in Afghanistan aussagen, beschäftigt Europas Presse.

Frauen und Mädchen sind wohl unter den Hauptleidtragenden des gescheiterten Einsatzes in Afghanistan und der Rückkehr der Taliban. Die Organisation Terre des Femmes fürchtet, dass ihnen das Recht auf Bildung, Berufsausübung und Selbstbestimmung verwehrt wird. Es drohen darüber hinaus Vollverschleierung, Zwangsehen und öffentliche Bestrafungen. Mitleid ist dennoch unangebracht, finden einige Kommentatorinnen.

Die Taliban haben den Nato-Staaten ein Ultimatum gestellt, ihre Truppen müssten bis zum 31. August das Land verlassen und die Evakuierungsmission beendet sein. Das Datum sei "eine rote Linie". Joe Biden hofft, den Einsatz bis zu diesem Stichtag zu beenden, schließt aber eine Verlängerung nicht mehr aus. Wird die rote Linie überschritten?

Viele Afghanen flüchten vor der Taliban-Herrschaft und einem drohenden Bürgerkrieg. Zusätzlich leidet das Land unter einer schweren Dürre und Hungersnot. Während die westlichen Staaten möglichst viele Landsleute und Ortskräfte ausfliegen, stellt sich die Frage, wie man den Menschen im Land helfen kann und ob weiter Geld in die Entwicklungshilfe fließen sollte.

Nach der Rückeroberung der Macht in Afghanistan durch die Taliban hinterfragen europäische Kommentatoren grundsätzlich das westliche Engagement in islamisch geprägten Ländern. Ist ein "Demokratie-Export" ein lobenswertes Unterfangen? Eine aussichtslose Mission? Oder gar eine imperialistische Anmaßung?

Der Streit darüber, wer die Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen soll, ist in vollem Gange. Die EU-Staaten konnten sich bislang auf kein gemeinsames Vorgehen einigen. In jedem Fall will man Nachbarstaaten in der Region mit Geld unterstützen, damit diese fliehende Afghanen aufnehmen. Eine Lösung, die Kommentatoren nicht überzeugt.

Nach der Eroberung des Landes durch die Taliban-Kämpfer müssen sich Regierungen in aller Welt gegenüber den neuen faktischen Machthabern positionieren. Die Fragen, wie weit deren Macht gefestigt ist und ob man mit den Taliban verhandeln soll, beschäftigen daher die europäische Presse.

Durch die Machtübernahme der Taliban werden die geopolitischen Karten in Zentralasien neu gemischt. Besonderes Augenmerk wird dabei auf China und Russland gelegt, die neben Pakistan als einzige ihre Botschaften in Kabul geöffnet halten. Doch wie viel Verantwortung Moskau und Peking tatsächlich übernehmen und ob ihnen das Vorteile bringt, ist umstritten.

EU-Innenkommissarin Johansson hat am Mittwoch beim Treffen der EU-Außenminister vor einer weiteren Destabilisierung Afghanistans gewarnt und gesagt, dass sich die Union auf alle Szenarien vorbereite. Laut Medienberichten hatte der Europäische Rat bereits Anfang Juli über die Lage beraten und war damals zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Kommentatoren kritisieren, dass die EU den Notstand verschlafen hat.

Nicht nur mit den Folgen der Machtübernahme durch die Taliban beschäftigen sich Europas Medien, sondern auch mit den Ursachen. Welche Ziele verfolgte der internationale Truppeneinsatz, wie beurteilte man ihn im Inland und welche Rolle spielt die Rivalität der Weltmächte?

Nach ihrem blitzartigen Vormarsch haben die Taliban am Sonntag den Präsidentenpalast in Kabul besetzt. US-Kräfte kontrollieren noch den Flughafen der Hauptstadt, über den die Evakuierung von Angehörigen westlicher Staaten und ehemaliger Ortskräfte läuft. Nach der Rückeroberung der Macht durch die radikal-islamische Miliz fürchten Kommentatoren dramatische Folgen weit über Afghanistan hinaus.

Der Vormarsch der Taliban in Afghanistan verläuft schneller als erwartet. In kurzer Zeit eroberten die Kämpfer am Donnerstag die drittgrößte Stadt Herat und wenige Stunden später die zweitgrößte Stadt Kandahar. USA und Großbritannien schickten Soldaten nach Kabul, um den Abzug der Diplomaten zu sichern. Kommentatoren fragen, ob die Taliban noch zu stoppen sind.

Begünstigt durch das Machtvakuum, das der Abzug der westlichen Truppen hinterlassen hat, haben die Taliban bereits wieder rund die Hälfte Afghanistans unter ihre Kontrolle gebracht. Mehrere Tausend Personen wurden dabei verletzt oder getötet. Europas Presse beleuchtet, welche Menschen jetzt besonders gefährdet sind und welche Verantwortung der Westen für ihr weiteres Schicksal trägt.

In Afghanistan haben die Taliban am Wochenende fünf Provinzhauptstädte erobert, darunter auch Kundus als wichtiges Handelszentrum nahe der Grenze zu Tadschikistan. Mit dem Abzug der US- und Nato-Truppen war dieser Vormarsch zu erwarten, beobachten Kommentatoren und warnen vor weiterer Tatenlosigkeit des Westens.

In Afghanistan hat sich die Sicherheitslage nach dem Beginn des Abzugs der internationalen Truppen am 1. Mai spürbar verschlechtert. Die islamistischen Taliban haben inzwischen die Kontrolle über rund die Hälfte des Landes übernommen. Für Europas Presse Anlass, den Sinn und die Folgen derartiger Militärmissionen zu diskutieren.

US-Präsident Joe Biden verschiebt den endgültigen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan. Sein Vorgänger Trump hatte mit den Taliban den 1. Mai 2021 als Frist vereinbart. Diese ersetzt Biden nun durch den 11. September - 20. Jahrestag der Terroranschläge von New York und Washington. Kommentatoren mahnen, das Land trotzdem weiter zu unterstützen.

In den USA wird die Kritik an Joe Biden nach den Ereignissen in Kabul immer lauter. Republikaner, aber auch vereinzelte Demokraten, werfen ihm ein unkoordiniertes Vorgehen vor. Der Abzug an sich wird aber selten infrage gestellt, was auch den Meinungsumfragen unter US-Bürgern entspricht. Werden die Bilder vom Kabuler Flughafen dem US-Präsidenten dauerhaft schaden?

Die USA und die Taliban haben nach 18 Monaten Verhandlungen ein Friedensabkommen in Doha unterzeichnet. Dieses soll den seit 2001 herrschenden Konflikt beenden. Vorgesehen ist unter anderem ein Abzug der westlichen Truppen bis 2021. Im Gegenzug sichern die Taliban zu, von Afghanistan solle keine Terrorgefahr ausgehen. Wie stehen die Chancen für den Frieden?

Soldaten einer australischen Eliteeinheit haben in Afghanistan mutmaßliche Kriegsverbrechen begangen. Eine Untersuchung ergab, dass sie mindestens 39 Zivilisten und Gefangene in den Jahren 2009 bis 2013 "unrechtmäßig getötet" haben. Der Oberbefehlshaber der australischen Streitkräfte, General Angus Campbell, kündigte eine strafrechtliche Verfolgung der Taten an. Europas Presse reagiert erschüttert.

Die USA werden auf Anordnung von Präsident Trump ihre Truppenstärke in Afghanistan bis Mitte Januar kommenden Jahres von rund 4.500 auf 2.500 Soldaten senken. Auch aus dem Irak soll bis dahin ein weiteres Fünftel der US-Streitkräfte abziehen. Eine Katastrophe für die Region, schreiben Kommentatoren - und ein weiterer Stresstest für die militärische Zusammenarbeit mit und in Europa.