Tschechisch-polnische Einigung im Turów-Streit
Prag und Warschau haben den langen Streit über die an der gemeinsamen Grenze im Dreiländereck mit Deutschland liegende polnische Kohlegrube Turów mit einem Vergleich beigelegt. Tschechien war schon vom EuGH in seiner Ansicht bestätigt worden, dass Turów Umweltschäden verursache. Die Grube darf nun unter Auflagen weiter arbeiten. Polen zahlt eine Entschädigung und Tschechien zieht dafür seine Klage bei der EU zurück.
Prager Konsequenz zahlt sich aus
Hospodářské noviny lobt die aufrechte Haltung der tschechischen Seite:
„Polen hat sich verpflichtet, den Abfluss von Grundwasser aus Tschechien zu verhindern und wird noch 45 Millionen Euro Entschädigung zahlen. ... Im Streit um Turów zog die polnische Seite von Anfang an vor allem aus eigener Schuld den Kürzeren. Jahrelang ignorierte sie die tschechischen Verhandlungsbemühungen, konnte dann nicht gut auf die Klage reagieren und versuchte, tschechische Politiker in verschiedenen Fällen zu überrumpeln. Am Ende hat sie zwar fünf Millionen Euro Entschädigung gespart. Es ist aber ungewiss, ob sie der Europäischen Union am Ende nicht ein Vielfaches an Bußgeldern wird zahlen müssen.“
Warum nicht gleich so?
Rzeczpospolita ist erleichtert:
„Es ist gut, dass dieser Streit hinter uns liegt, der die Beziehungen zum zweitgrößten Abnehmer polnischer Exporte und zu einem der Partner in der Visegrád-Gruppe belastete - eines Formats, das 30 Jahre lang eine wichtige Rolle gespielt, aber in letzter Zeit an Gewicht verloren hat. Es ist an der Zeit, Rechenschaft abzulegen. Wir sollten uns ganz klar fragen: Warum mussten wir diese Kröte schlucken? Die Klage vor dem EuGH wäre nicht zustande gekommen, wenn die Beschwerden unserer Nachbarn mit der ihnen gebührenden Ernsthaftigkeit behandelt worden wären.“
Rechnen wie die Tschechen
Kommentator Adam Grzeszak glaubt in Polityka noch nicht ganz an eine erfolgreiche Beilegung des bilateralen Streits:
„Es klingt gut, aber stimmt es auch? Daran habe ich meine Zweifel. ... Hoffen wir, dass sich [Premier Morawiecki] nicht verrechnet. Vorerst versichert er, dass die Tschechen ihre Beschwerde zurückziehen werden und die Zählung der Strafen [nach dem Urteil des EuGH zu täglichen Strafzahlungen] eingestellt wird. Wann? Sofort - behauptete er. Die Tschechen hingegen nannten den Zeitpunkt, wenn sie das Geld auf ihrem Konto sehen. So steht es also um unsere Glaubwürdigkeit und die neuen Beziehungen auf der Linie Prag-Warschau. Lasst uns einander lieben wie Brüder, aber lasst uns rechnen wie die Tschechen.“
Raubbau an der Landschaft bleibt
Nur bedingt zufrieden zeigt sich auch Deník über den Kompromiss:
„Die Frage ist, ob das ganze Abkommen funktionieren wird. Das geht nur, wenn Polen und das polnische Bergbauunternehmen PGE damit beginnen, die Tschechen als Menschen zu behandeln, die die gleichen Rechte wie die Polen haben. Das heißt, wenn sie die durch die Mine verursachten Probleme finanziell und anderweitig kompensieren. Wenn die Kohle so abgebaut wird, dass die Landschaft rund um die Mine und die dort lebenden Menschen möglichst wenig Schaden nehmen. Trotzdem wird das Bergwerk Turów auch weiterhin ein Verbrechen in der Landschaft des charmanten tschechisch-polnisch-deutschen Dreiecks bleiben. Ein Verbrechen, dessen Fortführung jedoch nur von den Polen selbst gestoppt werden kann.“