Spanien: EU-Ratspräsidentschaft mitten im Wahlkampf
Am 1. Juli hat Spanien turnusgemäß den Vorsitz im Rat der EU von Schweden übernommen. Gleich zu Beginn stehen im Inland allerdings die vorgezogene spanische Parlamentswahl am 23. Juli und ein möglicher Regierungswechsel an. Kommentatoren betonen die Bedeutung der Ratspräsidentschaft und befürchten Reibungsverluste durch die Parteienrivalität.
Bedeutende Reformen stehen an
Die Agenda für das bevorstehende Halbjahr hat es in sich, resümiert El País:
„Es ist ein Moment von außergewöhnlicher Bedeutung, in dem man sich nicht auf das routinierte Tagesgeschäft beschränken darf. ... Klar im Vordergrund steht der Anschub der Integration der Ukraine in die EU. ... Ein Europa mit mehr als 30 Mitgliedern ist ohne eine Reform des Abstimmungssystems undenkbar: Das scheint das konkrete Ziel des Gipfels am 6. Oktober in Granada zu sein. Hervorzuheben ist auch das Gipfeltreffen mit der lateinamerikanischen und karibischen Staatengemeinschaft Celac. Und der Einwanderungspakt ist auf einem guten Weg: Beim jüngsten Gipfel waren Warschau und Budapest in der Minderheit, nicht einmal Italien hat sie unterstützt.“
Parteiengezänk statt Staatsräson
El Periódico de Catalunya bedauert, dass sich die beiden großen Parteien im Wahlkampfmodus befinden, statt verantwortungsvoll in Sachen EU-Präsidentschaft zu kooperieren:
„Es gab hohe Erwartungen an die spanische Präsidentschaft, weil sie die letzte volle Amtszeit vor den Europawahlen im Frühjahr 2024 ist. ... Es wäre sinnvoll gewesen, wenn sich die beiden großen Parteien auf ein Minimum geeinigt hätten. Das wurde nicht einmal versucht. [Der sozialistische Premier Pedro] Sánchez wirft der PP vor, seine Initiativen in Brüssel zu boykottieren und [PP-Chef Alberto Núñez] Feijóo beklagt einen totalen Informationsmangel. Das Schlimme ist, dass beides vermutlich stimmt. Das sind die bedauerlichen Folgen der Polarisierung in zwei gegensätzliche Blöcke.“