Streik: In der Traumfabrik gehen die Lichter aus

Nach den Drehbuchautoren sind in Hollywood nun auch die Schauspieler in den Streik getreten: Sie fordern höhere Löhne und Honorare, um die Inflation auszugleichen, faire Vergütungen durch Streamingdienste wie Netflix und Schutz vor den Auswirkungen des Einsatzes Künstlicher Intelligenz. Kommentatoren erläutern, was die Künstler umtreibt.

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Der Standard (AT) /

Furcht vor dem digitalen Potenzial

Es ist ein Arbeitskampf im Zeichen eines Epochenwandels, kommentiert Der Standard:

„Eine Gewerkschaft, die vom Superstar bis zur dritten Schlägervisage links hinten neben der Säule im Bild und zum Stuntman aus dem Kanonenrohr für die ganze Vielfalt der Schauspielbranche steht, trifft auf einen Produzentenverband AMPTP, der zunehmend das Potenzial der digitalen Technologien begreift. … Der Kulturbetrieb hat sich an beständige Expansion gewöhnt. Zuerst kam das Lesen durch das Fernsehen unter Druck, dann das Kino durch das Internet und zuletzt alles zusammen durch Tiktok. Es spricht einiges dafür, dass wir erst jetzt allmählich herausfinden, was mit der Digitalisierung wirklich an Veränderung möglich ist.“

Efimerida ton Syntakton (GR) /

Gerechte Arbeitsbedingungen für alle

Die Streikenden haben Recht, schreibt Efimerida ton Syntakton:

„Die amerikanische Unterhaltungsindustrie steht vor einem doppelten, massiven Streik, der die Film- und Fernsehproduktion lahm legen wird. Zehntausenden von Schauspielern und Autoren, von denen sicherlich nicht alle zur privilegierten Kaste der großen, gut bezahlten Namen gehören, fordern eine Erhöhung der Grundgehälter und der Residuals, also dem finanziellen Ausgleich im Falle von Wiederholungen, Wiederausstrahlungen, DVD- oder Streaming-Veröffentlichungen, sowie die Zusicherung, dass ihre Arbeit nicht durch künstliche Intelligenz ersetzt wird. ... Die Streikenden in Hollywood fordern, was alle Arbeitnehmer in der ganzen Welt fordern sollten: eine angemessene Entlohnung für die geleistete Arbeit und mehr Sicherheit für die Zukunft.“

Deutschlandfunk (DE) /

Es braucht faire Spielregeln

Für den Deutschlandfunk ist dieser Streik längst überfällig:

„Schauspieler und Autoren werden für ihre Arbeit mitunter noch nach Standards entlohnt, die aus den 90er-Jahren stammen. Tantiemen auf Streaming-Erfolge sind nicht geregelt. Ein Erfolg des Streiks würde Dienste wie Netflix zwingen, ihre Streaming-Quoten offenzulegen. ... Auch der Umgang mit künstlicher Intelligenz rückt ins Zentrum. Während Autoren fürchten, dass Sprachmodule wie ChatGPT bald ganze Drehbücher schreiben, kämpfen Schauspieler um das Recht am eigenen Bild. ... Wie man das bekannte Filmgeschäft erfolgreich in eine digitale Realität überführt, ist nicht geklärt. Dabei muss es Spielregeln für alle Beteiligten geben, die fair sind und den prekären Arbeitsverhältnissen vieler Kreativer etwas entgegensetzen.“

El País (ES) /

Auch Schauspieler müssen Mieten zahlen

Die Nutzer sollten ihre Konsumhaltung überdenken, meint El País:

„Hollywood steht in Flammen. Die Auswirkungen sind global, weil seine Produkte global sind, ein untrennbarer Teil unseres täglichen Lebens. ... Dank ihres enormen gesellschaftlichen Einflusses können die Schauspieler mit einem Konsumenten in Kontakt treten, der sich in den letzten Jahren daran gewöhnt hat, jederzeit und sofort hochwertige Unterhaltung auf seinem Mobiltelefon zu erhalten, ohne sich bewusst zu sein, dass hinter dem Witz oder der atemberaubenden Szene, an die er sich für den Rest seines Lebens erinnern wird, Menschen stehen, die einkaufen und die Miete bezahlen müssen.“