Terror-Angriff im Kosovo

Eine Gruppe von rund 30 Kämpfern hat im Norden des Kosovo Polizisten angegriffen. Ein Polizist und drei Angreifer wurden getötet, bevor sich ein Teil der gut ausgerüsteten Kampftruppe vorübergehend in einem Kloster verschanzte und schließlich überwältigt wurde. Der kosovarische Premier Albin Kurti stufte den Vorfall als Terror ein und beschuldigte Serbien. Belgrad weist die Vorwürfe zurück.

Alle Zitate öffnen/schließen
Salzburger Nachrichten (AT) /

Der Balkan braucht eine Beitrittsperspektive

Die Salzburger Nachrichten sehen die Europäische Union in der Pflicht:

„Die EU hat nach der großen Osterweiterungsrunde den Balkan vernachlässigt. Erst der Überfall Russlands auf die Ukraine ruft wieder in Erinnerung, wie sehr die Europäische Union aus den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts als Friedensprojekt hervorgegangen ist. Und dass sie das heute mehr als je zuvor auch für den Balkan sein kann. Wie auch immer die Integration erfolgt und wie sehr sich dabei die EU selbst reformieren muss: Je konkreter die Beitrittsperspektiven für die Staaten des Westbalkans werden, umso mehr Druck entsteht auch, sich zu versöhnen.“

The Guardian (GB) /

EU-Diplomatie scheitert an Uneinigkeit

Der diplomatische Ansatz der EU für diesen Balkan-Hotspot funktioniert nicht, meint The Guardian:

„Brüssel und Washington scheinen ihre Priorität darauf gesetzt zu haben, angesichts des regionalen Einflusses von Serbien und der Verbindungen des Landes zu Russland, Vučić an ihrer Seite zu halten. Damit riskieren sie eine Vernachlässigung des Schutzes des Kosovo vor den Machenschaften und der Tyrannei eines viel größeren Staates, der sein Existenzrecht nicht anerkennt. ... Die EU muss erst einmal zuhause Ordnung schaffen, denn fünf EU-Mitglieder haben Kosovo bisher nicht anerkannt, weil sie die Umstände seiner Unabhängigkeit mit ihren eigenen Minderheitsproblemen gleichsetzen. Ein geeinteres Europa wäre als Vermittler in dieser unruhigen und wichtigen Region maßgeblicher und effektiver.“

Aargauer Zeitung (CH) /

Mit Vučić und Kurti kein Frieden

Weitere Eskalationen sind programmiert, warnt die Aargauer Zeitung:

„Es ist offensichtlich: Solange Kurti und Vučić in ihren Ländern an der Macht sind, werden die Aussichten auf eine friedliche Lösung in der Kosovo-Frage auf null stehen. Stattdessen werden, wie in den vergangenen Jahren mit zunehmender Regelmässigkeit, gewalttätige Eskalationen hochkochen und dann unter massivem westlichem Druck wieder abflauen – bis zum nächsten Zwischenfall mit Toten und Verletzten.“

Jutarnji list (HR) /

Beide Seiten könnten ein Interesse haben

Sowohl die serbische als auch die Regierung im Kosovo könnten den Vorfall für ihre Zwecke nutzen, analysiert Jutarnji list:

„Es sind genauere Daten notwendig, bevor man irgendwelche Schlüsse ziehen kann. Denn der Angriff könnte einerseits Belgrad nützen, um ein Klima der Instabilität während der laufenden Regierungsbildung in Montenegro zu schaffen. Die proserbischen Parteien wollen dort beteiligt sein und der Konflikt im Kosovo könnte eine Warnung sein, dass es besser wäre, diese politischen Kräfte an der Regierung teilhaben zu lassen, als eine Destabilisierung zu riskieren. Andererseits könnte die Kosovo-Regierung den tragischen Vorfall nutzen, um im Norden des Kosovo den Notstand auszurufen.“

Telegram.hr (HR) /

Konflikt könnte sich schnell ausweiten

Eine Eskalation des Konflikts zwischen Serbien und dem Kosovo hätte unvorhersehbare Folgen, warnt Telegram:

„Kurti hat keinen politischen Spielraum für einen Rückzieher. Dasselbe gilt auch für Aleksandar Vučić, den die Oppositionsdemonstrationen in Serbien erschüttern konnten. Es ist also zu einer langfristigen und unlösbaren Patt-Situation gekommen - zusammen mit unter Druck stehenden Akteuren und einer konfusen internationalen Lage sind das die Zutaten für das schlimmste Szenario. ... Sollte es zur schlimmsten Eskalation kommen, würde diese zweifellos auf Bosnien und Herzegowina überschwappen und höchstwahrscheinlich auch auf Montenegro, mit unvorhersehbaren Folgen für die gesamte Region, aber auch für die EU.“