Nach der Wahl in Spanien: Blockade oder Dialog?
Spaniens sozialdemokratische PSOE hat deutlich die Wahl gewonnen, kommt aber gemeinsam mit der linken Podemos nicht auf die absolute Mehrheit. Auch das konservative Lager aus Volkspartei PP, liberaler Ciudadanos und rechtsextremer Vox bringt keine Mehrheit zustande. Einige Beobachter sind über diese Ausgangslage für die Regierungsbildung beunruhigt. Andere werten das Wahlergebnis als Zeichen der Hoffnung.
Separatisten bekommen zu viel Macht
Da Premier Sánchez in Zukunft auf die Stimmen linker Separatistenparteien aus Katalonien und dem Baskenland angewiesen sein wird, erhalten diese zu viel Einfluss, fürchtet ABC:
„Der Zugewinn der ERC und der Bildu im Baskenland stärkt zusätzlich die linke Achse und weist in die Richtung einer radikalen Regierung, die durch separatistische Kräfte beeinflusst wird. Und das just während der Prozess zum [katalanischen Unabhängigkeitsreferendum] am 1. Oktober in seine zweite Phase geht. Der Druck auf die Staatsanwaltschaft und die Debatte über mögliche Begnadigungen werden für Sánchez wieder auf der Agenda stehen, um die nötigen Stimmen zu bekommen. Das Wahlergebnis vom 28. April wird Spanien noch Kummer bereiten.“
Rechtsextremismus ist in Spanien angekommen
Die Süddeutsche Zeitung ist beunruhigt über den Erfolg der rechtsextremen Partei Vox, die mit rund zehn Prozent der Stimmen ins Parlament einzieht:
„Als Gegenreaktion auf den katalanischen Nationalismus ist auch der spanische Nationalismus erstarkt, es gibt nun eine relevante Partei am äußersten rechten Rand, die von vergangener Größe träumt und gegen Migranten und Separatisten hetzt. Spanien muss ähnliche fremdenfeindliche Debatten wie die Mitte Europas fürchten. Die dringend nötige Stabilität ist angesichts des zersplitterten Parteiensystems wieder nicht in Sicht. Sicher ist nur eines: Spanien ist nach der Wahl vom Sonntag alles andere als eine Insel der Seligen.“
Jetzt ist es Zeit, die Hand zu reichen
De Standaard erinnert an die Zerrüttungen Spaniens der vergangenen zehn Jahre:
„Die Finanzkrise war eine Splitterbombe sowohl für die Gesellschaft als auch für das politische System. Links von der sozialdemokratischen PSOE entstand Podemos. Die liberale Ciudadanos rückte schnell deutlich nach rechts. In Katalonien entwickelte sich der pragmatische Patriotismus zum radikalen Separatismus. ... Als Reaktion kam im Rest von Spanien Vox aus dem Nichts ins Parlament. So nährt der eine Nationalismus den anderen. ... Nun ist die Frage, ob diese Wahl die Polarisierung durchbrechen wird. Optimismus ist angebracht. Nach einem Wahlkampf voller Lügen, Schimpfkanonaden und Vetos haben die Parteien gewonnen, die am meisten Gesprächsbereitschaft zeigten. Jetzt ist es Zeit, die Hand zu reichen, zu reden und Kompromisse zu schließen.“
Diesen Sieg hat sich Sánchez verdient
Pedro Sánchez ist es trotz Minderheitsregierung gelungen, einige fortschrittliche Maßnahmen durchzusetzen, begründet Index den Sieg:
„Er hat in seiner Regierung mehr Frauen als Männer zu Ministern ernannt. Er hat den Mindestlohn erhöht und eine Rentenerhöhung versprochen, die sich an der Inflation orientiert. Er hat es dem Rettungsschiff Aquarius erlaubt, in Spanien anzulegen. ... Er hat angeregt, die Gebeine des Diktators Francisco Franco zu exhumieren und sie an einem weniger polarisierenden Ort erneut zu bestatten. Aber auch die Spaltung der spanischen Politik war von Vorteil. Während links Podemos, die Partei gegen Sparpolitik, mit ihrer internen Krise beschäftigt war, konzentrierte sich die Rechte auf die katalanische Frage. So konnte Sánchez die Wählerstimmen leicht aus der Mitte heraus aufsaugen.“